Es gibt ein Foto von Anna Seghers inmitten wild wuchernder tropischer Vegetation, 1963 im Garten des Dichters Jorge Amado in Brasilien. Ausgehend von diesem Foto imaginiert Robert Cohen einen Augenblick des Nachdenkens der Dichterin, nicht in die DDR zurückzukehren. Sie wägt ab zwischen einem zwar befreiten, aber als einschnürend empfundenen sozialistischen Alltag und dem scheinbar paradiesischen Traum von Exotik und individueller Befreitheit. Robert Cohens Erzählung pendelt kunstvoll zwischen Märchenhaftem und Biografischem.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Größtenteils bereitwillig folgt Rezensent Ulrich Steinmetzger dem literarischen "Gedankenspiel" von Robert Cohen: Ausgehend von einer Fotografie von Anna Seghers von 1963, das die Autorin gedankenversunken vor einem leeren Notizbuch im tropischen Garten ihres Schriftstellerfreundes Jorge Amado zeigt, "imaginiert" der in New York lebende Schweizer Autor, Filmemacher und "Exil-Experte", was Seghers in diesem Moment wohl alles durch den Kopf ging. Kern der Sache ist dabei die Abwägung, ob sie nach Deutschland zurückkehren oder in Brasilien bleiben soll; gegeneinander stehen ein dumpfes Pflichtbewusstsein, auch als Vorsitzende des Schriftstellerverbandes der DDR, die geplatzten kommunistischen Träume, das "professorale Deutsche" auf der einen Seite, und eine entfesselte Sinnlichkeit, Erotik und Freiheit im Alltag und der Kultur Brasiliens auf der anderen Seite. Wie Cohen das Herumgeistern der Optionen, dieser beiden Welten in Seghers' Kopf entspinnt, das letztlich in ihre Rückkehr mündet, findet der Kritiker poetisch, meist organisch, nur manchmal "einen Tick zu gewollt". Ein "kleiner Text über große Fragen", schließt Steinmetzger nachdenklich.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Ein kleiner Text über große Fragen« (Ulrich Steinmetzer, Frankfurter Allgemeine Zeitung)







