Schulte erfindet Antiope als schillernde, queere Figur, die sich selbstbestimmt allen Eindeutigkeiten entzieht und damit Hass auf sich zieht - und dennoch eine subtile Faszination ausübt auf diejenigen, die sie unterdrücken. Die Mauern werden hochgezogen, die Perspektiven verkleinert, der Fremdkörper domestiziert. Ohne Erfolg, Antiope bleibt eigen. Der Theatertext beschreibt eine gesellschaftliche und politische Dynamik, die in vielen Demokratien hochaktuell ist.
Wer ist eigentlich Antiope? Nach älteren Legenden Kind eines Flussgottes, nach jüngeren Tochter des Königs Nykteus von Kadmeia, dem späteren Theben. In jedem Fall ist sie eine junge Frau, die das Haus und damit die Einflusszone eines mächtigen Vaters verlässt. Mit diesem Schritt bringt sie ein ganzes System ins Wanken: Antiope folgt ihrer Lust, geht in den Wald und kehrt schwanger zurück. Ihr gekränkter Vater nimmt sich daraufhin das Leben, erteilt aber zuvor seinem Bruder Lykos den Auftrag, Antiope für ihren Ungehorsam zu bestrafen.
Für die Autorin Anne Jelena Schulte ist Antiope eine Stimme, die doppelt fehlt. Weil das gleichnamige Drama von Euripides verloren ging. Aber auch, weil Antiopes Stimme im Mythos diejenige ist, die keine Eigenheit entfalten, sondern wieder eingetaktet werden soll in die herrschenden patriarchalen Verhältnisse.
Wer ist eigentlich Antiope? Nach älteren Legenden Kind eines Flussgottes, nach jüngeren Tochter des Königs Nykteus von Kadmeia, dem späteren Theben. In jedem Fall ist sie eine junge Frau, die das Haus und damit die Einflusszone eines mächtigen Vaters verlässt. Mit diesem Schritt bringt sie ein ganzes System ins Wanken: Antiope folgt ihrer Lust, geht in den Wald und kehrt schwanger zurück. Ihr gekränkter Vater nimmt sich daraufhin das Leben, erteilt aber zuvor seinem Bruder Lykos den Auftrag, Antiope für ihren Ungehorsam zu bestrafen.
Für die Autorin Anne Jelena Schulte ist Antiope eine Stimme, die doppelt fehlt. Weil das gleichnamige Drama von Euripides verloren ging. Aber auch, weil Antiopes Stimme im Mythos diejenige ist, die keine Eigenheit entfalten, sondern wieder eingetaktet werden soll in die herrschenden patriarchalen Verhältnisse.
Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Anne Jelena Schulte hat ein Theaterstück geschrieben über Antiope, eine tragische griechische Sagengestalt, die aus dem brutalen Reich Kadmeia geflohen ist - und dieses in die Gegenwart verlegt, erzählt Rezensentin Gisa Funck. Ihren Figuren hat die Autorin Aussagen von heutigen Regenten von Netanjahu bis Bolsonaro in den Mund gelegt: So stammt von Putin etwa der Vorwurf des Verrats, den Antiopes Vater ihr macht, nachdem sie gegen seinen Willen den nahegelegenen Wald "voller linker, queerer Polit-AktivistInnen" ausgekundschaftet hat und dabei schwanger geworden ist. Ziemlich grauenvoll findet Funck den "Horror-Plot", bei dem sich der Vater aus Scham umbringt und seinem Bruder aufträgt, Antiope in den Folterkeller zu sperren - immerhin weiß sie sich in Schultes Neufassung zu wehren und damit die "illegitime Lächerlichkeit eines totalitären Machtanspruchs" zu enttarnen, schließt die Kritikerin.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»... [Antiope] enttarnt sehr viel deutlicher als die Urversion die illegitime Lächerlichkeit eines totalitären Machtanspruchs.« Gisa Funck Deutschlandfunk 20250618







