Anton Wilhelm Amo gehört zu den faszinierendsten Gestalten der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Um 1700 an der damaligen afrikanischen 'Goldküste' geboren, als Sklave von Holländern an den Wolfenbütteler Hof verschenkt, mutierte er vom 'Hofmohren' und exotischen Ausstellungsstück zu einem brillanten Denker der Aufklärung. Als 'schwarzer Philosoph' an den Universitäten von Halle, Wittenberg und Jena legte er Werke vor, die von Johann Friedrich Blumenbach oder Henri Grégoire mit größter Hochachtung und von Immanuel Kant mit Schweigen bedacht wurden. Der Band versucht, die verschüttete Tradition eines Denkens zwischen Europa und Afrika sowie jenseits des Biographischen die Konturen eines Philosophierens ohne festen Wohnsitz freizulegen, das unseren Blick auf das 18. Jahrhundert verändert.
Im achtzehnten Jahrhundert erlebte der transatlantische Sklavenhandel seinen Höhepunkt. Die Mehrheit der afrikanischen Sklaven wurde in die Amerikas verschleppt, um auf den dortigen Plantagen zu schuften. Anton Wilhelm Amo, um 1700 an der damaligen "Goldküste" in Westafrika, dem heutigen Ghana, geboren, ereilte hingegen ein anderes, höchst ungewöhnliches Schicksal. Holländische Sklavenhändler brachten Amo als kleinen Jungen nach Europa und überreichten ihn dem Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel im Namen der West-Indischen Kompagnie als "Geschenk". Am Wolfenbütteler Hof wurde er zunächst als Diener zu einem exotischen höfischen Statussymbol. Doch Amo erhielt eine sehr gute Ausbildung. Er wurde für seine Herren, schreibt Ottmar Ette, "zum Versuchsobjekt, an dem die Bildungsfähigkeit ,des' Afrikaners erprobt werden sollte". Dadurch bot sich Amo die Chance, "dem Dunstkreis seiner unausgesprochenen Sklavenschaft zu entkommen". Er wusste sie zu nutzen. Der in Potsdam lehrende Romanist Ette, exzellenter Kenner des Werkes Alexander von Humboldts, rekonstruiert kenntnisreich den Lebensweg des einstigen Sklaven und "Hofmohren", den er als "Philosophen ohne festen Wohnsitz" charakterisiert. Amo studierte und dozierte in Halle, Wittenberg und Jena und legte wichtige, von zeitgenössischen Aufklärern durchaus beachtete philosophische und rechtswissenschaftliche Schriften vor, die freilich bald in Vergessenheit gerieten. Eine dauerhafte Universitätslaufbahn in Preußen blieb ihm verwehrt. Er kehrte nach Westafrika zurück und verbrachte seine letzten Lebensjahre in einem holländischen Fort.
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Ottmar Ette: "Anton Wilhelm Amo". Philosophieren ohne festen Wohnsitz. Eine Philosophie der Aufklärung zwischen Europa und Afrika. Kulturverlag Kadmos, Berlin 2014. 169 S., br., 14,90 [Euro].
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