Produktdetails
- Verlag: Geschichts- u. Kunstverein Aschaffenburg
- ISBN-13: 9783879650576
- Artikelnr.: 24190150
- Herstellerkennzeichnung Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Neues Aschaffenburger Jahrbuch
Über einen angeblichen Abhörskandal im Aschaffenburger Rathaus hat im Frühjahr 1958 das Zentralorgan der SED, die Tageszeitung "Neues Deutschland", berichtet. Die Umstände der Enthüllung erläutert sehr anschaulich ein Beitrag in dem eben erst vom Geschichts- und Kunstverein herausgegebenen Aschaffenburger Jahrbuch. Ulrich Kahle vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege beschreibt darin auf 85 Seiten die Entstehungsgeschichte des vor gut fünfzig Jahren fertiggestellten Gebäudes zwischen Stiftsbasilika und Theaterplatz. Es ist ein Hochhaus und war damals das modernste Rathaus Bayerns.
Kahle hält fest, dass es niemals eine Eröffnungsfeier gegeben habe, obwohl die Gästeliste schon geschrieben gewesen sei. Er vermutet, dass der Oberbürgermeister Vinzenz Schwind zunächst seine Wiederwahl im späten März 1958 habe abwarten wollen, um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, den Neubau zu Wahlkampfzwecken zu missbrauchen.
Seine ehrenhafte Haltung wurde nicht belohnt. Mitte März berichtete die Zeitung "Neues Deutschland" über einen Vorgang, der ungeheuerlich zu sein schien: "Eine geheime Telefonabhörzentrale hat der der CSU nahestehende Oberbürgermeister von Aschaffenburg, Dr. Schwind, im Rathaus der Stadt einbauen lassen." Kahle schreibt, es sei nicht geklärt, ob die Geschichte wahr oder eine gut inszenierte Affäre gewesen sei. Tatsächlich sei in der Fernsprechanlage eine vom Vorzimmer des Oberbürgermeisters aus zu bedienende sogenannte Katastrophen-Vorrang-Schaltung installiert gewesen, um im Ernstfall sämtliche Amtsleitungen freischalten zu können. Die Wahl des Oberbürgermeisters habe Schwind gegen eiligst aufgestellte Gegenkandidaten trotzdem "grandios gewonnen".
EWALD HETRODT
Aschaffenburger Jahrbuch. Herausgegeben vom Geschichts- und Kunstverein Aschaffenburg. 331 Seiten. 40 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main