Ein Kaiser, dem der eigene Krieg so an die Nieren geht, dass er alles versucht, um künftige zu verhindern, sie gar verbietet? Sie bekämpft, mit ethisch-moralischen Mitteln? Es gibt wenige Persönlichkeiten, die für die Geschichte Südasiens wichtiger gewesen wären als Kaiser Ashoka, der über ein größeres Gebiet herrschte als je ein anderer auf dem indischen Subkontinent vor den Briten. Dabei versuchte er nicht nur, sein Territorium zu beherrschen, sondern die Menschen seines höchst heterogenen Reichs zu vereinen: durch einen Personenkult, vor allem jedoch durch den Kult einer Idee - des Dharma als Dreh- und Angelpunkt einer neuen moralischen Ordnung. Diese neue Moralphilosophie sollte aber nicht nur von den Menschen seines Reiches, sondern auch von Herrschern und Völkern anderer Länder verinnerlicht werden als Grundlage für Ashokas Theorie der internationalen Beziehungen, nach der die Ausübung des Dharma zum Ende internationaler Konflikte führen würde.In seinem hochgepriesenen Buchstützt sich Patrick Olivelle auf Ashokas Inschriften sowie auf die Kunst und Architektur, die er entwickelt hat, um Mythos von Historie zu trennen und ein detailliertes Bild von diesem Ausnahmekaiser zu zeichnen: als Herrscher, Buddhisten, Moralphilosophen und Ökumeniker, der ein riesiges multiethnisches, mehrsprachiges und multireligiöses Reich regierte und vereinte.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Otto Kallscheuer ist nicht mit allem, was er in diesem Buch liest, einverstanden, gleichwohl fällt seine Besprechung positiv aus. Der Indologe Patrick Olivelle beschäftigt sich darin mit Ashoka, der im dritten Jahrhundert vor Christus Kaiser von Magadha war, eines Reiches, das sich teilweise auf dem Gebiet des heutigen Indiens befindet. Ashoka wird in der indischen Gegenwart von verschiedenen politischen Gruppen verehrt, wobei die Hindu-Nationalisten ihn als Einiger des Landes feiern, die Buddhisten für seine Hinwendung eben zum Buddhismus und fortschrittliche Kräfte für seine toleranten Ansichten. In der Auseinandersetzung mit dieser Figur greift Olivelle ausschließlich auf schriftliche Originalquellen, also auf von Ashoka Verfasstes, zurück, diese Quellen werden vom Übersetzer Axel Michaelis mit ins Deutsche übertragen, was der Rezensent hilfreich findet. Kallscheuer, seines Zeichens Philosoph und Politikwissenschaftler, geht außerdem auf das hierarchische Gesellschaftsmodell ein, das Ashokas Denken zugrunde liegt und auf den buddhistischen Begriff "Dharma", der für den Magadha-Kaiser essentiell war. Wenn Olivelle in diesem Zusammenhang Ashokas Denken als eine "Zivilreligion" beschreibt, möchte Kallscheuer nicht mitgehen. Dennoch, so das Fazit, handelt es sich um ein Buch, das viele Leser verdient hat.
© Perlentaucher Medien GmbH
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