Den Sprung von der Gefängnismauer in die Freiheit bezahlt Anne mit einem Bruch des Sprungbeins, des Astragalus. Verletzt schleppt sich die Neunzehnjährige an den Straßenrand und wird dort von Julien aufgelesen. Beide erkennen im anderen die eigene Lebenswelt, die Welt des Knastes, der Kleinkriminalität und verlieben sich: zwei Menschen, unbedingt in ihrem Drang nach Freiheit und zugleich existentiell angewiesen auf die Nähe und den Halt des anderen. Als "L'Astragale" 1965 in Frankreich erschien, sorgte es für eine Sensation: "Zum ersten Mal spricht eine Frau über ihre Gefängnisse", schrieb Simone de Beauvoir. Fünfzig Jahre später gilt es, diesen Text in neuer Übersetzung wieder zu entdecken, seine Kraft und seine rauhe Poesie.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Volker Breidecker bittet den Hanser Verlag inständig, auch die anderen Werke von Albertine Sarrazin wieder zugänglich zu machen, so groß war seine Freude über die Neuübersetzung von des 60er-Jahre-Kultbuchs "Astragalus". Darin erzählt Sarrazin die Geschichte der jungen Diebin Anne, die sich bei ihrer Flucht aus dem Zuchthaus ihr Bein verletzt, sich von einem Einbrecher-Kollegen halbwegs gesund pflegen lässt, bis sie sich gezwungenermaßen humpelnd auf dem Strich durchschlagen muss, fasst der Rezensent zusammen. Breidecker weiß, dass auch Sarrazin als Jugendliche aus einer Erziehungsanstalt floh, wobei sie sich eine ähnliche Verletzung zuzog. Sie musste in Paris auf den Strich gehen und verliebte sich wie Anne in ihren Retter. Der Rezensent meint den präzisen Schilderungen der Autorin anzumerken, auf wie viele eigene Erfahrung sie zurückgreifen konnte, und er vermutet, dass sie durch die "schmerzhafte Schule erzwungener Passivität" gehen musste, um ihre Beobachtungsgabe so grandios zu entwickeln.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
"Ein Text, der sofort Herzklopfen erzeugt beim Lesen. Schon bei den ersten Sätzen ist zu spüren, wie sehr ein verzweifeltes Wesen sich hier das Herz aufreißt und wenigstens ein bisschen liebgehabt und verstanden werden möchte. Eine Kindfrau, furchtlos, von hoher Intelligenz, verwundet und berührend einsam." Annemarie Stoltenberg, NDR Kultur, 09.04.13 "Ein Buch wie einer dieser französischen Gangsterfilme - nur, dass das, was Albertine Sarrazin schreibt, keine erfundene Geschichte ist, sondern ihr Leben." Ulrich Noller, WDR Funkhaus Europa, 01.05.2013







