Ein großer erzählter Weltatlas. Der 'Atlas eines ängstlichen Mannes' ist eine einzigartige, in siebzig Episoden durch Kontinente, Zeiten und Seelenlandschaften führende Erzählung. »Ich sah...«, so beginnt der Erzähler nach kurzen Atempausen immer wieder und führt sein Publikum an die fernsten und nächsten Orte dieser Erde: In den Schatten der Vulkane Javas, ins hocharktische Packeis, an die Stromschnellen von Mekong und Donau und über die Paßhöhen des Himalaya bis zu den entzauberten Inseln der Südsee. Wie Landkarten fügen sich dabei Episode um Episode zu einem Weltbuch, das in atemberaubenden Bildern Leben und Sterben, Glück und Schicksal der Menschen kartographiert.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Ein "Lebensbuch" sei das. Vierzig Jahre Reiseerfahrung hat Ransmayr hier verdichtet. Besprochen wird der Band in der SZ-Literaturbeilage vom Reiseautor Karl-Markus Gauß, der beurteilen kann, ob Ransmayrs Projekt geglückt ist. Es klingt ambitioniert: Siebzig Schilderungen von Begebenheiten aus den entlegensten Orten der Welt, stets beginnend mit der etwas hochtrabenden Formel "Ich sah...", die aus der Apokalypse des Johannes stammt und laut Gauß dem zuweilen leichten und heiteren Geschehen in Ransmayrs Aperçus reizvoll widerspricht. Manche der Erzählungen liest Gauß als "ungemein dichtes Textgewebe", andere scheinen ihm weniger gelungen, manchmal künstlich und nicht ganz glaubhaft, obwohl alle beanspruchen, auf wahren Begebenheiten zu beruhen. Gauß empfiehlt eine Lektüre in kleinen Portionen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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erfahrungssatt und tiefgründig. Florian Welle Süddeutsche Zeitung 20140805
Die Welt sehen
als Rettung
Fortgehen, um anzukommen: Das ist ein Topos der Ichfindung. Christoph Ransmayr geht seit mehr als 40 Jahren fort. Es hat ihn bis ans Ende der Welt geführt, in die russische Arktis ebenso wie auf die Osterinsel. Was er dabei gesehen hat, erzählt er im „Atlas eines ängstlichen Mannes“. In der letzten von insgesamt 70 Episoden befindet er sich in Nepal. Gemeinsam mit einem Freund und betenden Mönchen sitzt er in einer Höhle, es ist Nacht und eisigkalt, aber die Schrecken der Finsternis, die den Schriftsteller von Kindestagen an plagten, finden hier ihr Ende. Am Feuer übermannt ihn ein Gefühl tiefer Geborgenheit. Der Schlusssatz, und damit der letzte Satz des Buches, lautet: „Nun war ich angekommen.“
Jede Geschichte beginnt mit den Worten „Ich sah . . .“ Ransmayr sieht „einen schwarzen andalusischen Kampfstier“ und „die schmale Hand des Bootsmannes Sang“. Er ist ein Augenmensch, häufig stellt ein Fernrohr die Szenen zusätzlich scharf. Aus der Eingangsbeobachtung entfalten sich die nur wenige Seiten langen Miniaturen über Menschen, Tiere, Orte. Sie sind erfahrungssatt und tiefgründig. Die zentrale Rolle in ihnen spielt: der Tod. FLORIAN WELLE
Christoph Ransmayr: Atlas eines ängstlichen Mannes. S. Fischer Verlag, Frankfurt/ M. 2014.
456 Seiten, 10,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Fortgehen, um anzukommen: Das ist ein Topos der Ichfindung. Christoph Ransmayr geht seit mehr als 40 Jahren fort. Es hat ihn bis ans Ende der Welt geführt, in die russische Arktis ebenso wie auf die Osterinsel. Was er dabei gesehen hat, erzählt er im „Atlas eines ängstlichen Mannes“. In der letzten von insgesamt 70 Episoden befindet er sich in Nepal. Gemeinsam mit einem Freund und betenden Mönchen sitzt er in einer Höhle, es ist Nacht und eisigkalt, aber die Schrecken der Finsternis, die den Schriftsteller von Kindestagen an plagten, finden hier ihr Ende. Am Feuer übermannt ihn ein Gefühl tiefer Geborgenheit. Der Schlusssatz, und damit der letzte Satz des Buches, lautet: „Nun war ich angekommen.“
Jede Geschichte beginnt mit den Worten „Ich sah . . .“ Ransmayr sieht „einen schwarzen andalusischen Kampfstier“ und „die schmale Hand des Bootsmannes Sang“. Er ist ein Augenmensch, häufig stellt ein Fernrohr die Szenen zusätzlich scharf. Aus der Eingangsbeobachtung entfalten sich die nur wenige Seiten langen Miniaturen über Menschen, Tiere, Orte. Sie sind erfahrungssatt und tiefgründig. Die zentrale Rolle in ihnen spielt: der Tod. FLORIAN WELLE
Christoph Ransmayr: Atlas eines ängstlichen Mannes. S. Fischer Verlag, Frankfurt/ M. 2014.
456 Seiten, 10,99 Euro.
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