Die Atomenergie war in der Bundesrepublik ein Kind der Wirtschaftswunderjahre. In den siebziger Jahren rückte sie ins Zentrum einer öffentlichen Kontroverse, in der die großen Fragen offener Gesellschaften verhandelt wurden: Bedeutung und Legitimität des Protests, mediale Berichterstattung, Macht der Großkonzerne, politische Steuerung und der Anspruch des Konsumbürgers auf billige Energie. Frank Uekötter verfolgt diese Geschichte von den Anfängen bis in die Gegenwart und zeigt auf, wie der Konflikt Lernprozesse in Gesellschaft, Politik und nicht zuletzt der Atomwirtschaft selbst auslöste. Der Atomausstieg, den Deutschland mit dem Abschalten der letzten Kernkraftwerke zum Jahresende 2022 besiegeln wird, erscheint hier als Schlusskapitel eines generationenübergreifenden Experiments, das mit Blick auf die Energiewende, aber auch vor dem Hintergrund der aktuellen Krise der Demokratie Beachtung verdient.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Es ist eine hübsche Ironie, dass die FAZ Justus Benders Rezension einen Tag nach nach der Entscheidung des Bundeskanzlers bringt, die verbleibenden drei AKW im April 2023 endgültig abzuschalten: Bender glaubt, dass Frank Uekötters Abschied von der Atomenergie durch die Ereignisse überholt sei, Teile der Regierung mögen noch am Atomausstieg festhalten, aber nicht mehr die Bevölkerung. Aber gut. Uekötter schreibt als Historiker, nicht als Prophet, weiß der Rezensent, der das Buch nichtsdestotrotz mit Gewinn liest, als minutiöse Analyse der Atomdebatte. Besonders bemerkenswert findet Bender die Episode von den Anti-AKW-Protesten in Brokdorf, bei denen sich die von Wasserwerfern durchnässten und durchgefrorenen Demonstranten in vorgewärmte Zugabteile der Polizei verkrochen, ohne zu fragen, woher die Energie gekommen sei.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH







