Die Klosterdichte im Südwesten war historisch außergewöhnlich hoch, was nicht zuletzt daran lag, dass von hier aus die Christianisierung Deutschlands begann. Mit der Gründung der ersten Orden im Frühmittelalter explodierte die Zahl der christlichen Gemeinschaften. Wesentliche Rückschläge waren
dagegen die protestantische Reformation und die josephinische Säkularisation im 18. Jahrhundert, die zu…mehrDie Klosterdichte im Südwesten war historisch außergewöhnlich hoch, was nicht zuletzt daran lag, dass von hier aus die Christianisierung Deutschlands begann. Mit der Gründung der ersten Orden im Frühmittelalter explodierte die Zahl der christlichen Gemeinschaften. Wesentliche Rückschläge waren dagegen die protestantische Reformation und die josephinische Säkularisation im 18. Jahrhundert, die zu teilweise dramatischen Einschnitten führten. Mit der napoleonischen Säkularisation nach 1803 kam das Zeitalter der Klöster dann an sein Ende.
Erst im Jahr 2003 gab es den ersten Versuch einer umfassenden und auf enzyklopädische Vollständigkeit zielenden Darstellung der regionalen Klostergeschichte, zunächst begrenzt auf Württemberg. Diese damals in einem Band erschienene Monografie reicht allerdings in Eindringtiefe und Vollständigkeit bei weitem nicht an das heran, was jetzt in drei Bänden zu den Regionen Baden und Hohenzollern gelungen ist. Dieses Werk ist ein Meilenstein in der Erschließung weit verstreuter und teilweise schwer zugänglicher Quellen, es ist hervorragend strukturiert und wurde mit großer Sorgfalt und wissenschaftlicher Akribie zusammengestellt. 20 Jahre koordinierter Teamarbeit stecken in diesen drei Bänden und das spürt der Leser sofort. Die Informationsdichte ist ungeheuer hoch, durch die eingängige Sprache und sachliche Darstellung bleibt sie aber leicht verständlich.
Einleitend schildern mehrere Kapitel die historischen Entwicklungen im Klosterwesen, die übergreifend gelten und die Essenz dieser Monografie darstellen. Alleine diese vier Kapitel wären eine eigene Publikation wert, in ihrer Konzentration auf das Wesentliche und ihrer klaren Struktur. Während die Übersichtskapitel bei der Säkularisation enden, wird in den jeweiligen Kloster-Beschreibungen, die den weitaus größten Raum einnehmen, die Geschichte bis in die Gegenwart fortgeschrieben. Zwar haben nur wenige Gemeinschaften bis heute überlebt, aber nach 1815 kam es zu zahlreichen Wiederbelebungen, oft auch in Kooperation mit kirchlichen oder städtischen Schulen. Dass Konvente mangels Nachwuchs ausstarben, ist übrigens keine neue Entwicklung, sondern war zu fast allen Zeiten ein Problem (sieht man vom katholischen „Boom“ am Ende des 19. Jahrhunderts ab).
Die Einzelbeiträge zu den einzelnen Klöstern folgen stets derselben Struktur und machen damit das Auffinden von Fakten einfach. Auf die knappe Übersicht mit historischen und kirchenorganisatorischen Grundinformationen folgt ein umfassendes Kapitel zur Geschichte, den wirtschaftlichen Grundlagen und monastischen Netzwerken (oft sehr anschaulich visualisiert), des religiösen Wirkens sowie dem Archiv- und Bibliothekswesen, gefolgt von einem bau- und kunsthistorischen Abschnitt mit zahlreichen Plänen, zeitgenössischen Abbildungen, Informationen zur Bauausstattung und Klosterinventar, sowie der Bibliografie.
Ein Teil des Klosterbuchs ist als hybride Ausgabe auch online abrufbar und über eine (rudimentär) recherchierbare Datenbank werden zusätzliches Bildmaterial, Listen der Klostervorsteher und Siegel, sowie eine Gesamtbibliografie bereitgestellt. Der online verfügbare Inhalt bleibt allerdings wesentlich hinter der Printausgabe zurück, es ist eher ergänzendes Material, das den Umfang des Buches gesprengt hätte, aber keine grundlegend neuen Aspekte berührt. Die Online-Autoren sind in der Regel andere als im Buch. Alle wesentlichen Abbildungen und Pläne finden sich im Übrigen in der Printausgabe.
Umfang, Eindringtiefe, Vollständigkeit und Übersichtlichkeit machen dieses Klosterbuch zu einem enzyklopädischen Meilenstein, der Maßstäbe setzt und eine breite Zahl interessierter Kreise anspricht. Für Laien wie Experten eine Fundgrube qualifizierter und exzellent aufbereiteter Informationen zur monastischen Geschichte in Baden und Hohenzollern.