Dieses Buch, das so groß ist und so schwer wie ein Grabstein, oder zumindest fast so groß und schwer, ist genau damit seinem Thema angemessen: Denn es ist ein Bilderlexikon jener Völker und Stämme in aller Welt, denen es voraussichtlich nicht mehr allzu lange möglich sein wird, ihren Bräuchen und Gewohnheiten zu folgen. Eine Dokumentation in letzter Minute. Eine Art optischer Abgesang. Und damit zugleich Warnung und Mahnung. Es ist ein Buch zum Heulen. Und zum Heulen schön - was freilich auch daran liegt, dass Jimmy Nelson, der Fotograf, bei seiner Arbeit an diesem beeindruckenden Werk eher romantischen Neigungen als wissenschaftlichen Erwägungen nachgegeben hat. Doch das verzeiht man rasch angesichts der Pracht und Einzigartigkeit, die er mit seiner Plattenkamera etwa bei den Huaorani, den Nenzen oder den Korowai festgehalten hat - in majestätischen Porträts und berauschenden Szenen des Lebens. (F.L.)
"Before they pass away" von Jimmy Nelson. te Neues Verlag, Kempen 2013. 424 Seiten, etwa 400 Farbfotografien. Gebunden, 128 Euro. Eine Sammleredition mit Originalabzug gibt es für 6500 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Dass er selbst nur eine Alternative im Menschenzoo ist, ist vielleicht die wichtigste Erkenntnis, die Arno Widmann beim Anschauen der Fotos und Lesen der Texte in diesem gewichtigen Bildband (5400 Gramm misst der Rezensent mit der Küchenwaage) des Fotografen Jimmy Nelson erhält. Die Fotos von arktischen Tschuktschen, äthiopischen Mursi oder Huaorani in Ecuador und der sie umgebenden Landschaft, ganz gleich ob schön oder spontan, lassen Widmann Schönheit plötzlich anders definieren, als eine Frage der Entfernung, ein veränderliches Ideal, das mit dem Wissen um seine Vergänglichkeit relativiert wird. Verkleinert von Begeisterung zu Wut darüber, dass es diese Stammenskulturen womöglich bald schon nicht mehr geben wird.
© Perlentaucher Medien GmbH
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