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Obwohl es in Europa eine ganze Menge an Siedlungen gibt, die dem gängigen Sprachgebrauch nach als Slums oder Elendssiedlungen bezeichnet werden, fragt kaum jemand danach, warum es zu deren Entstehung kommt, wie es sich darin leben lässt und wie der Ort den Alltag seiner BewohnerInnen prägt. Besonders auffällig wird dies am Beispiel jener Elendssiedlung unterhalb der Autobahnbrücke Gazela, im Herzen Belgrads: täglich fahren Zehntausende an den Hütten und Baracken vorbei und dennoch gibt es kaum glaubwürdige Informationen über die Siedlung und die Menschen - in überwiegender Mehrheit Roma - die…mehr

Produktbeschreibung
Obwohl es in Europa eine ganze Menge an Siedlungen gibt, die dem gängigen Sprachgebrauch nach als Slums oder Elendssiedlungen bezeichnet werden, fragt kaum jemand danach, warum es zu deren Entstehung kommt, wie es sich darin leben lässt und wie der Ort den Alltag seiner BewohnerInnen prägt. Besonders auffällig wird dies am Beispiel jener Elendssiedlung unterhalb der Autobahnbrücke Gazela, im Herzen Belgrads: täglich fahren Zehntausende an den Hütten und Baracken vorbei und dennoch gibt es kaum glaubwürdige Informationen über die Siedlung und die Menschen - in überwiegender Mehrheit Roma - die dort zu wohnen gezwungen sind.Ab welcher Größe ist eine Ansammlung von Hütten und Baracken als Siedlung zu betrachten? Was unterscheidet Hütten von Baracken? Wie lebt man ohne städtische Infrastruktur, ohne Wasser, ohne Strom? Wie organisieren sich die BewohnerInnen, welcher Arbeit gehen sie nach? Wie steht es mit ihrer medizinischen, wie mit ihrer kulturellen Versorgung?Der Reiseführer in eine Elendssiedlung führt in diesen weißen Fleck, um dessen Stellenwert im öffentlichen Bewusstsein neu zu definieren: einerseits sollen die LeserInnen dazu animiert werden, Gazela oder ähnliche Siedlungen zu besuchen, um sich unmittelbar mit der Situation auseinander zu setzen, andererseits werden grundlegende Informationen über die sozialen wie ökonomischen Strukturen und Zwänge bereitgestellt, unter denen die BewohnerInnen solcher Siedlungen zu leben gezwungen sind. Darüber hinaus macht der Reiseführer auf die vielschichtigen Mechanismen der Marginalisierung und Diskriminierung von Roma aufmerksam und will mit der fundierten Beschreibung dieses Soziotops eine Basis für weitere Initiativen schaffen. Zahlreiche Fotos, die zum Teil von den BewohnerInnen der Siedlung selbst stammen, erlauben auch denjenigen einen Einblick, welche sich nicht konkret auf diese Reise begeben wollen.
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Autorenporträt
Lorenz Aggermann, geboren 1977 in Graz, studierte in Wien und Berlin Theater-, Film und Medienwissenschaft, Europäische Ethnologie und Germanistik. Arbeitet an diversen Theatern/Festivals und schreibt neben dieser Tätigkeit in loser Folge Rezensionen, Essays, wissenschaftliche Aufsätze und anderes.

Can Gülcü, geboren 1976 in Bursa/Türkei, studiert an der Akademie der Bildenden Künste Post Conceptual Art Practices, davor Studium der Architektur an der TU Wien.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Tiefe Einblicke in die Belgrader Elendssiedlung Gazela hat Rezensent Andreas Ernst mit diesem Buch gewonnen, das als Reiseführer durch das Roma-Quartier führt. Gazela hat sich in den frühen Achtzigerns nach Titos Tod gegründet, als die wirtschaftliche Krise viele Roma in die damals jugoslawische Hauptstadt getrieben hat. Viel gelernt hat Ernst über Infrastruktur und soziale Gliederung, die Familienbande. Sehr interessant fand er auch einen der "Hauptgründe für das Elend vieler Roma": die Unfähigkeit, sich sozial zu organisieren. In einer Gesellschaft, in der jeder jedem misstraut, wird es unmöglich zu delegieren. Aber auch die sozialen Teufelskreise aus Armut, Arbeitslosigkeit und Analphabetentum sieht der Rezensent sehr gut dargestellt. Unpassend findet er nur, wie sich die Autoren von "Kulturschaffenden" bestätigen lassen, wie sinn- und anspruchsvoll ihr Reiseführer-Projekt sei.

© Perlentaucher Medien GmbH