Aus einem kaukasischen Städtchen über Leningrad bis nach Berlin führt das grandiose Roman-Debüt von Nellja Veremej, das seine geographischen und kulturellen Motive schon im Titel trägt. Berlin liegt im Osten heißt das Buch, in dem von den städtischen Enklaven russischer Migranten ebenso farbig erzählt wird wie von Provinzkindheiten in der ehemaligen Sowjetunion. Das Berlin dieses Romans, der rund um den Alexanderplatz spielt, hat seine Reservate der Einsamkeit und der Lebensfreude, und es wird durch die unnachahmliche Stimme einer Ich-Erzählerin lebendig, die den nur scheinbar unspektakulären Beruf einer Altenpflegerin ausübt. Durch sie hindurch wandern die Lebensgeschichten der Klienten und verbinden sich mit ihrer eigenen Biografie. Darin gibt es neben dem aberwitzigen, fast surrealen Osten auch ein Deutschland, in dem diese Frau endgültig anzukommen versucht. Berlin liegt im Osten lebt von der zarten Zuneigung der Autorin zu ihren Figuren, der Roman entwirft ein großes Panorama aus Geschichten und Geschichte, und er handelt vom Anfang allen Erzählens: von der Erinnerung.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Stark beeindruckt zeigt sich Felix Stephan vom erzählerischen Können Nellja Veremejs in ihrem Debütroman. Das einfühlsame Schreibenkönnen über das Private führt er, etwas sozialromantisch vielleicht, auf Veremejs Sozialisation in der UdSSR zurück. Jedenfalls hat er seit Anna Karenina keine Romanfigur derart beglückt und beglückend über deutsches Pflaster schweben sehen wie Veremejs Hauptfigur, die russische Emigrantin und Altenpflegerin Lena, auf den Spuren des goldenen Berlins. Vermittels ihrer Perspektive und einem plaudernden Stil gelingt der Autorin laut Rezensent nicht nur die Beschreibung eines kompletten Emigrantendaseins in wenigen Federstrichen, sondern ebenso das Panorama eines ganzen Jahrhunderts.
© Perlentaucher Medien GmbH
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