Wie in ihren früheren Werken stellt Mela Hartwig in ihrem zweiten Roman eine Frau in den Mittelpunkt, die mit sich uneins ist, eine "Neurotikerin", die mit jedem Schritt an die ihr auferlegten Begrenzungen stößt: eine unscheinbare und sehr entbehrliche Sekretärin ohne besondere Fähigkeiten, die eines Tages einer erotischen Obsession verfällt. Ein im Gestus des schonungslosen Geständnisses formulierter Roman einer unerhörten Selbsterniedrigung, präzise in der messerscharf geschilderten sozialen Situation der frühen 30er Jahre lokalisiert, und in einer Sprache, die den expressionistischen Gestus der früheren Texte zugunsten eines dokumentarisch-nüchternen Stils aufgegeben hat.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Dass der Grazer Droschel-Verlag nun erstmals ein Buch herausgibt, dass vor über siebzig Jahren von Zsolnay abgelehnt wurde und seither niemals erschien, wertet Bernhard Fetz als "späte Genugtuung und eine wirkliche Entdeckung". Damals sei die Karriere einer vielversprechenden Autorin jäh unterbrochen worden, die immerhin bereits von Alfred Döblin für ihre Novelle "Das Verbrechen" geehrt worden sei. Die lapidare Begründung dafür lautete, der Geschmack des Publikums, insbesondere der der Frau, habe sich geändert. Fetz hingegen ist der Ansicht, der Roman habe auch heute "nichts von seiner Schärfe eingebüsst". Er findet es beeindruckend, wie die Autorin anhand einer kleinen Büroangestellten, die zu Beginn der dreißiger Jahre über ihre Durchschnittlichkeit verzweifelt und sich mit Phantasien über den Alltag hinweghilft, "den Zusammenhang von Arbeit in labilen Angestelltenverhältnissen, entfremdeter Sexualität und der Massenkultur als Ort verborgener Sehnsüchte und enttäuschter Erwartungen reflektiert". Bernhard Fetz' ausführliche Rezension vermittelt den Eindruck, dass das Buch, dessen Erzählrahmen auf den ersten Blick vielleicht ein wenig antiquiert wirken könnte, auch heute noch aktuell ist.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Die virtuosen Geständnispraktiken von Mela Hartwigs Heldin Luise Schmidt fügen den literarischen Bürogeräuschen in der Zeit zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg eine wichtige Stimme hinzu.« (Jutta Person, Süddeutsche Zeitung)







