Frau Leites kocht Holunderblütensaft in leere Kornflaschen ein, und die Jugend verblüht am Glascontainer, während auf der Pappelkoppel die Drillmaschine aufsetzt und der Edeka-Laster auf dem Buswendeplatz hupt. In der norddeutschen Provinz wird geliebt, geheiratet, gemordet und gestorben, und fast jeder ist schon mal über 'nen Appelkorn gestolpert. Sei es Tönnes, der zwei Meter hohe Wutausbruch, oder die weitäugige Polizistentochter, die was mit dem Reitlehrer hat. Svenja Leibers Figuren haben den Landregen im Gemüt. Da verliebt sich Heide Raschpichler in Hans Daleckie, nur weil ihr zu ihm kein passendes Tier einfällt, und die Spätaussiedlerin Greta bewirtet die Landfrauen mit Haribo und Daim, bevor sie dem Großbauern einen Korb gibt.
Büchsenlicht ist ein Kanon, ein verregnetes Lied aus dem Norden. Hier, wo die Menschen mit Treckerreifenhaut ihre Wurzeln geschlagen haben, drohen andere auf den morastigen Äckern ins Bodenlose zu versinken. Landidyll oder Lebensknast, das müssen Einheimische wie Zugereiste für sich entscheiden - und Jammern gilt nicht.
Büchsenlicht ist ein Kanon, ein verregnetes Lied aus dem Norden. Hier, wo die Menschen mit Treckerreifenhaut ihre Wurzeln geschlagen haben, drohen andere auf den morastigen Äckern ins Bodenlose zu versinken. Landidyll oder Lebensknast, das müssen Einheimische wie Zugereiste für sich entscheiden - und Jammern gilt nicht.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
"Rustikaltristesse" ist der passende Begriff, den Oliver Jungen für Svenja Leibers Erzählungen gefunden zu haben meint. Er staunt, dass man noch heute soviel "Bauernhass kultivieren" kann. Die meisten Erzählungen von "Büchsenlicht" spielen im ländlichen Milieu, berichtet Jungen, und basieren auf der Spannung, die zwischen verschiedenen Mentalitäten und Milieus entstehen könne. Da gibt es Frauen, Künstler oder Homosexuelle, die es in die dörfliche Enge oder in die rustikale Bauernstube verschlägt, wobei die Autorin keinen Hehl daraus macht, verrät Jungen, auf wessen Seite sie steht. Dass Leibers unzeitgemäßes Leitthema trägt, liegt für den Rezensenten an ihrem "glänzenden Erzählstil", der lässig, präzise und urkomisch zugleich ist, lobt er - mit Akzent auf dem "ur". Nicht alle Erzählungen sind von gleicher Qualität, gesteht der Kritiker ein, der sich streckenweise an Thomas Bernhard oder Arnold Adler erinnert fühlt. Svenja Leiber ist aber viel wütender als diese Herren, meint Jungen: da glühe der Bauern- beziehungsweise der Deutschlandhass, dass es dem Leser eine Freude - und ein Rätsel - ist. Der Kritiker ist sich nicht sicher, wem genau dieser Hass gilt, denn längst lebt Leiber in Berlin - gilt er etwa den "Ackersleuten vom Prenzlauer Berg", fragt Jungen etwas verunsichert.
© Perlentaucher Medien GmbH
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