Shai Tamus ist ein Journalist, der am Anfang seines Weges durch seinen frischen Schreibstil und seine häufigen Fernsehauftritte einige Berühmtheit erlangte. Doch über die Jahre sinkt sein Erfolg, seine Kolumnen werden auf die hinteren Seiten der Zeitung verbannt, und er ist fast vergessen. Auch die Liebe seiner Frau Alona, die sich in angesehenen Galeristenkreisen bewegt, scheint er zu verlieren. Und die Kinder interessieren sich immer weniger für ihn. Als er die Gelegenheit erhält, wieder im Fernsehen aufzutreten, auf der ganz anderen Seite, im patriotischen Kanal, ergreift er sie wie einen Rettungsring. Shai merkt nicht, wie er instrumentalisiert wird, und tut nun alles, damit ihm der Erfolg nicht wieder abhandenkommt.
»Yishai Sarid beobachtet den Erfolg des Rechtspopulismus in Isreal. Davon erzählt er in seinem aktuellen Roman 'Chamäloen'.« Till Schmidt, taz, 14.09.2025 Till Schmidt taz - Die Tageszeitung 20250914
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Ein "phänomenaler" Roman ist Yishad Sarids "Chamäleon", erklärt Rezensent Felix Stephan, und das in beiderlei Wortsinn: bewunderungswürdig, und ein Phänomen betreffend. Denn dieser Roman über einen israelischen Journalisten, der ins gesellschaftliche Abseits gerät und sich zunehmend der autoritären Rechten annähert, anschmiegt, anbiedert und schließlich andient, ist nicht nur eine Kritik an der israelischen Regierung, sondern, so Stephan, die literarische Untersuchung eines Phänomens aller westlichen Gesellschaften: Der "autoritäre Charakter", der seinen gesellschaftlichen Aufstieg mit dem Verrat an der eigenen Moral bezahlt. Es ist eine beklemmende Geschichte, die Sarid hier erzählt, umso mehr, wenn man sie im Kontext der gegenwärtigen Ereignisse in Israel und Gaza liest, beschreibt Stephan. Voll grimmiger Lust schildert Sarid, wie sein Protagonist immer mehr Gefallen an der Unterwerfung findet, bis zur Zäsur, dem 7.10.2023, als sein Gewissen unter der Last der Selbstlügen zu beben beginnt. Doch statt dem Entsetzen Ausdruck zu verleihen, kann der Journalist nur leere Worthülsen fallen lassen. Und darin, so der begeisterte Rezensent, äußert sich die wohl harscheste Kritik in diesem Roman, die Kritik an einem Mediensystem, das moralisch verkommenen Narzissten bis ganz nach oben verhilft, während es in entscheidenden Momenten "nichts zu sagen" hat.
© Perlentaucher Medien GmbH
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