Dieses Buch unternimmt ein Experiment: Wie im Labor werden zwei der aggressivsten "Säuren" moderner Theoriebildung in eine Schale gegossen, um dann zu beobachten, wie sich das Gemisch verhält. Charles Darwin und Michel Foucault stehen beide für ein Denken, das in radikaler Weise mit Traditionen bricht und den Unterschied zwischen Natur und Kultur ebenso in Frage stellt wie das angebliche Wesen der Dinge: Alles verflüssigt sich unter ihrem genealogischen, auf die Herkunft von älteren Formen achtenden Blick und verrät so, daß die Dinge "keine Identität" und "kein Wesen" haben bzw. daß die Vorstellung von einer stabilen Ordnung der Natur sinnlos ist. Sowohl Darwin als auch Foucault stehen damit für eine Spielart des historischen Denkens, die - so die These dieses Buches - die bequemen, stabilen Gewißheiten des Biologismus einerseits und des Kulturalismus andererseits unterminiert. Es zeigt sich, daß Darwin die Natur in paradoxer Weise als das Historische per se versteht, während Foucault wie selbstverständlich die scheinbar unüberwindliche Schranke zwischen Natur und Kultur unterläuft. Darwin baut kulturelle Mechanismen in die Selektionsprozesse der biologischen Arten ein, und Foucault hat, was kaum bekannt ist, sein antikulturalistisches Denken auf eine eingehende Darwin-Lektüre gestützt, die Philipp Sarasin hier zum ersten Mal und anhand zum Teil neuer Quellen im Detail nachzeichnet. Angezettelt wird ein spannender Dialog zwischen zwei Theoretikern, die auf ihren Gebieten von herausragendem Einfluß sind, bislang aber kaum je zusammengedacht wurden.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Sehr eingenommen zeigt sich Stefan Niklas von Philipp Sarasins 400-seitigen Essay über Darwin und Foucault. Das Buch des Zürcher Historikers bringt für ihn auf höchst anregende Weise diese beiden Denker zusammen und fördert immer wieder Überraschungen zutage. Dabei hebt Niklas hervor, dass es Sarasin nicht um Einflüsse Darwins auf Foucault oder um die Lektüre Darwins durch die Brille Foucaults gehe, sondern um "Wahlverwandschaften" der Denkweisen. Dass Darwin und Foucault für den Gegensatz von Biologismus und Kulturalismus stehen, kann Sarasin seines Erachtens überzeugend entkräften. Dem Autor gelingt es nach Ansicht von Niklas auch, durch Gegenüberstellung beider Denkmodelle viele Ähnlichkeiten herausarbeiten: Beide waren Nominalisten, beide suchten Genealogien, beide entdeckten nicht nur eine, sondern viele Herkünfte.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Das Verdienst des einnehmend geschriebenen Buches: einen zum Klassiker erstarrten Denker, Darwin nämlich, unvoreingenommen und genau zu lesen. Selbst Biologen dürften hier die eine oder andere Entdeckung machen.« Urs Hafner Neue Zürcher Zeitung 20090207







