Knallgelb ist das Staubtuch, das Tante Tiny stets mit sich führt, um es bei Bedarf blitzschnell und ungeniert zu zücken - gern auch, wenn sie bei anderen zu Gast ist. Tientje Putz nennt man sie in der Familie, vorsichtshalber jedoch nur hinter ihrem Rücken. Denn so weich ihr Staubtuch ist, so scharf und verletzend kann ihre Zunge sein, mit der sie über Leichen geht. Ihr Neffe Albert Egberts - den wir aus van der Heijdens schon fast sagenhaftem Zyklus Die zahnlose Zeit kennen - verfolgt das Treiben seiner jungen, attraktiven Tante aus nächster Nähe, befremdet und gleichzeitig fasziniert. Es dauert Jahre, bis er entdeckt, was sie ein Leben lang antreibt, was in stillschweigender familiärer Übereinkunft geheim gehalten wird.
Das Biest ist ein grandioses Frauenporträt, von Adri van der Heijden, dem »Saft- und Kraftgenie« (Tagesspiegel) der zeitgenössischen niederländischen Literatur, gezeichnet bis in die feinsten Verästelungen, liebevoll, beklemmend und absolut komisch.
Das Biest ist ein grandioses Frauenporträt, von Adri van der Heijden, dem »Saft- und Kraftgenie« (Tagesspiegel) der zeitgenössischen niederländischen Literatur, gezeichnet bis in die feinsten Verästelungen, liebevoll, beklemmend und absolut komisch.
© BÜCHERmagazin, Carsten Tergast (ct)
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Zwei niederländische Romane, die einiges gemeinsam haben, stellt Volker Breidecker vor: Jeroen Brouwers' "Das Holz" und A.F.Th. van der Heijdens "Das Biest". Beide handeln von sexuellem Missbrauch und seinen Folgen, beide spießen das engherzige katholische Milieu der niederländischen Nachkriegsgesellschaft auf, beide pflegen einen flamboyanten spätbarocken Stil und beide sind glänzend übersetzt, so Breidecker. Van der Heijdens "Das Biest" erzählt von einer unwahrscheinlich bösartigen Frau, die als Kind vergewaltigt wurde. Ein Schwangerschaftsabbruch ließ das Mädchen seelisch verkrüppelt und unfruchtbar zurück. Die saftige und körperliche Sprache des Autors lässt Breidecker hilflos in ein "familiäres Schreckenskabinett" versinken. Die Wut der Protagonisten und ihres Erfinders scheint ihm fast die Sprache zu verschlagen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Eine Glanzleistung der Übersetzungskunst.« Volker Breidecker Süddeutsche Zeitung 20161018