Was ist ein echtes Bild? Hans Belting sucht unser Bedürfnis nach dem wahren, authentischen Bild, das wir vor allem in der Wissenschaft verlangen, zu ergründen. Er zeigt, wie sehr die europäische Geschichte der Religion bis heute unsere Bildbegriffe und unser Bilddenken bestimmt. Belting schlägt souverän den Bogen von der Spätantike bis hin zu Fernsehen und Film unserer Tage. Dabei präsentiert er dem Leser eine neue Sicht auf die Geschichte des Bildes und setzt dessen Aktualität in ein ungewohntes Licht. Hans Belting setzt sich hier mit Fragestellungen seines zum Klassiker gewordenen Werks Bild und Kult erneut auseinander. Sein altes Thema, die Bedeutung des Bildes in der europäischen Kultur, beleuchtet er hier jedoch im Licht der von ihm begründeten Bild-Anthropologie. Dabei zeigt sich, wie stark unser Bilddenken auch heute noch in den alten Debatten der Religion verwurzelt ist. In den Kontroversen um Körper und Zeichen oder um Bild und Wort hat sich eine spezifisch europäische Kultur entwickelt, deren christliche Prägung auch in der Moderne noch fortlebt. Belting richtet seinen Blick unter anderem auf zwei Schwellenzeiten, von denen die europäische Kultur geprägt wurde: zum einen die Spät-antike, in der sich das Christentum formierte, und zum anderen die Reformation und den Konfessionsstreit, der tiefe Spuren im neuzeitlichen Weltbild hinterließ. Es ist das Anliegen des Buches, Bildwissenschaft als Kulturwissenschaft zu etablieren und dabei Religions- und Bildgeschichte in einen überraschenden Bezug zueinander zu bringen.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Eindrucksvoll findet Andreas Tönnesmann dieses Buch, in dem der Kunsthistoriker Hans Belting der Geschichte und dem Status des Bildes seit der Spätantike nachgeht. Dabei greife er auf ältere Forschungen zur Genese des christlichen Bildes zurück, verknüpfe diese aber mit dem Anspruch, einen anthropologisch verankerten Bildbegriff zu etablieren. Damit wolle Belting kunstgeschichtliche Erfahrung für die kulturelle Praxis der Gegenwart neu verfügbar machen. Aktuelle Probleme im Umgang mit Bildern sieht Tönnesmann vor allem in der Einleitung behandelt, wobei er einen kulturkritischen, wenn auch nicht kulturpessimistischen Impuls des Autors nicht verschweigen will. "Imposant" erscheint ihm, was Belting in den folgenden Kapiteln an Materialien erschließt, um in die höchst konfliktreiche Frühgeschichte christlicher Bildkultur einzuführen. Ausführlich widmet er sich Beltings "fesselnder Darstellung" der Genese des Christusbildes. Insgesamt würdigt Tönnesmann diese Studie als "gelehrtes, durchaus auch belehrendes Buch", das sich als Warnung vor unkontrolliertem Bildhunger und zugleich als Anleitung zu einem reflektierten Genuss der Betrachtung verstehen lasse.
© Perlentaucher Medien GmbH
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