Der Islamismus, den die westliche Welt als religiös-politisches Phänomen erst durch den Anschlag auf das World Trade Center und das Pentagon im Herbst 2001 richtig zur Kenntnis genommen hat, existiert in Wahrheit schon mehr als ein Vierteljahrhundert. Der Autor untersucht, wie auf den Trümmern des arabischen Nationalismus in Ägypten ein exemplarischer Islamismus entstand, der zur Ermordung Anwar as-Sadats führte. In großem Bogen durchmißt Kepel die gesamte islamische Welt, von den arabischen Ländern und dem Sudan über Iran und Irak bis Malaysia und Indonesien und skizziert die Situation zwischen Gewalt und Demokratisierung. Die Expansion des militanten Islamismus hat ihren Höhepunkt überschritten, so sein ermutigendes Fazit. Der Weg zur muslimischen Demokratie ist möglich.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Die Kernaussage von Gilles Kepels jüngstem Buch über den Islamismus, in Frankreich bereits im Jahr 2000 erschienen und für den deutschen Buchmarkt mit einem frischen Vorwort versehen, dürfte die meisten Leser überraschen, meint Andreas Ufen. Statt der üblichen Warnrufe behaupte nämlich Kepel, dass der Islamismus im Niedergang begriffen sei. Ufen referiert die drei Phasen, die Kepel skizziert: Aufschwung; Expansion und Verschärfung der inneren Widersprüche; Niedergang und Neuorientierung, wobei er die islamistische Epoche mit dem Ende des Jom-Kippur-Krieges im Jahr 1973 überhaupt erst beginnen lasse. Ufen bewundert die ausgesprochen informative und instruktive Aufarbeitung der islamistischen Bewegung, die schließlich sehr heterogen sei. Er benennt außerdem einige Schwächen des Buches wie die fehlende Definition von Grundbegriffen und einer genaueren Benennung der sozialen Basis jener Bewegung, die lange Zeit von einem Bündnis zwischen der armen Stadtjugend und der frommen Mittelschicht getragen wurde. Kepel sieht Ufen zufolge eine Neuorientierung der islamischen Intellektuellen im Gang - jüngstes Beispiel: Iran.
© Perlentaucher Medien GmbH
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