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Warum wir manche Menschen nicht riechen können und andere unwiderstehlich finden. "Lyall Watson zeigt uns, dass das Riechen mehr ist als das, was man gemeinhin darunter versteht, dass die Düfte und Gerüche wesentlich unsere Leidenschaften beeinflussen und dass ohne die Magie der Düfte die Welt eine andere wäre. Ein facettenreiches Buch, das ich mit größtem Interesse gelesen habe." Jacques Polge, Directeur du Laboratoire de Creation des Parfums Chanel, Paris

Produktbeschreibung
Warum wir manche Menschen nicht riechen können und andere unwiderstehlich finden.
"Lyall Watson zeigt uns, dass das Riechen mehr ist als das, was man gemeinhin darunter versteht, dass die Düfte und Gerüche wesentlich unsere Leidenschaften beeinflussen und dass ohne die Magie der Düfte die Welt eine andere wäre. Ein facettenreiches Buch, das ich mit größtem Interesse gelesen habe."
Jacques Polge, Directeur du Laboratoire de Creation des Parfums Chanel, Paris
Autorenporträt
Lyall Watson, geboren 1939 in Südafrika, promovierte an der Universität von London in Biologie. Er war u. a. Direktor des Zoos von Johannesburg, Filmautor bei der BBC und Leiter zahlreicher Expeditionen. Lyall Watson unterhält einen Wohnsitz in Irland, lebt jedoch die meiste Zeit auf seinem Schiff, das ihm als Labor und Bibliothek dient.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.03.2001

Die Nase weiß Dinge, von denen wir nur träumen
Ich rieche, also bin ich: Lyall Watsons Buch "Der Duft der Verführung" enthält zuviel Parfum

Das Buch weckt Erwartungen: "Warum wir manche Menschen nicht riechen können und andere unwiderstehlich finden", verkündet es auf der zweiten Umschlagseite. Leider sind wir nach der Lektüre, dies vorab, nicht viel schlauer als vorher. Wir entnehmen Lyall Watsons Werk, daß unser Riecher etwas mit dem Jacobsonschen Organ zu tun haben könnte. Eine Neuigkeit ist das nicht. Besagtes Organ, nach seinem Entdecker benannt, sitzt in zwei winzigen Öffnungen zu beiden Seiten der Nasenscheidewand und wird deshalb auch Vomeronasalorgan (vomer, lat. = Pflugscharbein) genannt. Es empfängt die Botschaft der Pheromone, bestimmter Lockstoffe, die im Tierreich Kommunikation und Verhalten steuern: Nahrungsaufnahme und Flucht, vor allem aber die Fortpflanzung. Der moschusartige Atem eines Ebers etwa versetzt "eine Sau im Östrus augenblicklich in eine Duldungsstarre". Das Beispiel gefiel dem Verhaltensforscher Watson offenbar so gut, daß er es neunzehn Seiten später gleich noch einmal anführt.

Unter Umgehung des Großhirns wird das Signal der Pheromone direkt ins limbische System geleitet, jenen entwicklungsgeschichtlich frühen Teil des Gehirns, der etwa Atmung, Kreislauf und sexuelles Verhalten steuert. Eine Art sechster Sinn also, knapp zweihundert Jahre bekannt, aber lange als zoologische Kuriosität vernachlässigt, bis er Anfang der achtziger Jahre auch beim Menschen nachgewiesen wurde. "Beeinflußt dieser sechste Sinn auch unser Verhalten?" lautet seither die spannende Frage. Und vor allem: Wie geschieht das?

Die Forschung begab sich in den Feldversuch und beglückte die Öffentlichkeit, allen voran Nachrichtenmagazine und Wissenschaftspublizisten, mit einschlägigen Befunden. Das erogene Bukett des Mensch riecht, soweit dies ermittelt werden konnte, leicht nach ranzigen Butter- und Fettsäuren, nach dem fischelnden Dunst des Trimethylamin im Vaginalsekret sowie dem moschusartigen Androstenol und dem urinigen Androstenon aus Männerschweiß. Zu den erstaunlichen Befunden gehört ferner, daß eine Duftkonzentration weit unterhalb der Riechschwelle ausreicht, um das Jacobsonsche Organ zu aktivieren. Man stimulierte ahnungslose Frauen in Telefonzellen und Wartezimmern mit männlichen Hormonen, lockte Babys mit mütterlichen Duftstoffen, testete das Werturteil von Männern und Frauen unter Einfluß von Lockstoffen des jeweils anderen Geschlechts.

Männer, so lautet etwa die Erkenntnis eines solchen Schnüffelversuchs, beurteilen - derart angeregt - das Bild einer Frau deutlich freundlicher als ohne Einfluß weiblicher Lockstoffe. Stimuliert mit Androstenol (Moschus), verhalten sich Frauen gegenüber Männerbildnissen ganz ähnlich. Androstenon (Urin) hingegen stößt sie eher ab - mit Ausnahme der Tage um ihren Eisprung herum. Dies veranlaßte zu mancherlei evolutionsbiologischen Gedankenspielen.

Im übrigen lautet das hinreichend häufig publizierte Fazit dieser und ähnlicher Versuche, daß das Jacobsonsche Organ offenkundig auch bei uns Menschen funktioniert. Und weiter? Nichts weiter. Der Strom der Erkenntnisse scheint zu versiegen. So oft Watson "jüngste Forschungen" bemüht, nach genauem Hinsehen sind sie so jung nicht mehr. Das macht nichts, denn die Anwendung ist schon weit gediehen, wie ein Blick ins "world wide web" zeigt. Wer zum Stichwort "Pheromone" nach deutschen Links sucht, bekommt weit über tausend Treffer angezeigt, "die besten zuerst". Sie führen auf Websites für Parfums mit entsprechenden Ingredienzien: "Einmal kräftig schnuppern und schon liegt Sex in der Luft." Gleich der dritte Treffer weist als Web-Adresse einen einschlägigen Shop aus: "Wenn Du nach Lockstoffen und Pheromone suchst, bist Du hier richtig!"

Mag die Forschung noch rätseln, in der Praxis werden Sie längst geholfen. Das weiß auch Watson, natürlich. Lockt er uns eingangs noch mit ungeahnten vomeronasalen Möglichkeiten, so speist er uns am Ende ab mit einem dürren Surrogat: Parfum. Es sind Produkte einer Firma, deren Begründer zu den Nestoren der Pheromon-Forschung gehört. "Der Handel", schreibt Watson, "blüht und gedeiht." Und bot vermutlich auch einen Hintergrund für die vom Autor so sehr bedauerte aktuelle Abstinenz der Kollegen. Schlecht sortiert und redundant, wie das Werkchen ist, gibt es fast keinen Grund, es nicht sofort aus der Hand zu legen. Was hindert uns? Am Anfang eine knappe und amüsante Entwicklungsgeschichte des Geruchssinns ("Wir denken, weil wir riechen konnten"). Zwischendrin eine kleine Kulturgeschichte des Parfums, stellenweise leider albern. Unterschwellig vielleicht auch die Hoffnung auf eine olfaktorische Offenbarung, wie sie der Autor unentwegt verspricht.

Und was haben wir am Ende gelernt? Daß unser Verhalten von Reizen beeinflußt wird, die uns nicht ins Bewußtsein dringen. Das sagte schon Freud. "Die Nase weiß Dinge, von denen wir keine Ahnung haben", faßt Watson dozierend zusammen, bevor er uns zielstrebig in den Parfumladen entführt. Nun denn. Wer einen Selbstversuch plant, mag über die Websites gehen, die der Autor in der Bibliographie anzugeben nicht vergaß.

REGINE HALENTZ

Lyall Watson: "Der Duft der Verführung". Das unbewußte Riechen und die Macht der Lockstoffe. Aus dem Englischen von Yvonne Badal. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2001. 283 S., geb., 38,- DM.

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