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Die PISA-Studie hat gezeigt, daß Deutschland auch in einer Bildungskrise steckt. Zugleich aber ist Bildung im klassischen Sinn gar nicht mehr gefragt in den Tests, die mehr die Fähigkeit zur Lektüre einer Gebrauchsanweisung und ihrer praktischen Umsetzung als das Verstehen von Literatur überprüfen sollen. über Jahrhunderte gab es eine einheitliche europäische Bildung. Vom frühen Mittelalter bis zum ersten Drittel des 20. Jahrhunderts setzte sich jede wichtige Neuerung mit geringer Verzögerung auf dem ganzen Kontinent durch. Die Zeit aber, in der die philosophische, künstlerische und…mehr

Produktbeschreibung
Die PISA-Studie hat gezeigt, daß Deutschland auch in einer Bildungskrise steckt. Zugleich aber ist Bildung im klassischen Sinn gar nicht mehr gefragt in den Tests, die mehr die Fähigkeit zur Lektüre einer Gebrauchsanweisung und ihrer praktischen Umsetzung als das Verstehen von Literatur überprüfen sollen. über Jahrhunderte gab es eine einheitliche europäische Bildung. Vom frühen Mittelalter bis zum ersten Drittel des 20. Jahrhunderts setzte sich jede wichtige Neuerung mit geringer Verzögerung auf dem ganzen Kontinent durch. Die Zeit aber, in der die philosophische, künstlerische und wissenschaftliche Tradition lebendig, in der ein Bildungskanon verbindlich war, scheint vorbei - und doch ist beides prägend auch noch für unsere heutige Kultur. Die neu entfachte Kanondebatte ist ein Indiz dafür.
Nach der Definition der Begriffe »Bildung« und »Kanon« beschreibt Manfred Fuhrmann die Rezeption der Antike und die Institutionen, die entscheidend zu einer gesamteuropäischen Bildungbeigetragen haben.
In einem weiteren Teil des Buches werden die bürgerlichen Einrichtungen - Theater, Konzertwesen und Museum - dargestellt sowie die Gegenstände der bürgerlichen Bildung: Philosophie, Geschichte und Literatur, Musik, Mathematik und Naturwissenschaften. Abschließend untersucht Fuhrmann die gegenwärtige Bildungsmisere, zeigt ihre Ursachen auf und weist einen Weg aus ihr hinaus.
Autorenporträt
Manfred Fuhrmann, geboren 1925, studierte Musik, Alte Sprachen sowie Römisches Recht und war von 1962 bis 1990 Professor für Klassische Philologie an den Universitäten von Kiel und Konstanz. Seit 1989 ist er ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Heidelberg. 1990 wurde ihm der Johann-Heinrich-Voss-Preis für die Übersetzung der Reden Ciceros durch die Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt verliehen. Er starb am 12. Januar 2005. Er veröffentlichte u. a. Die antike Rhetorik (1984), Cicero und die römische Republik. Eine Biographie (1989), Rom in der Spätantike (1994), Europas fremd gewordene Fundamente (1995), Seneca und Kaiser Nero. Eine Biographie (1997), Geschichte der römischen Literatur (1999) und Der europäische Bildungskanon des bürgerlichen Zeitalters (1999).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Für eine eindeutige Verbesserung hält Daniel Jütte Manfred Fuhrmanns Neuausgabe seiner vor fünf Jahren erstmals erschienen Abhandlung über den Zustand der bürgerlichen Bildung allemal - vor allem, weil diese Neufassung deutlich pessimistischer ausfällt: "Das schweißgebadete 'O tempores!' des gelehrten Latinisten liest sich ungleich spannender als der stellenweise zähe tour d'horizon der ersten Ausgabe'. Doch das bedeutet nicht, dass Jütte dem Alt-Philologen und seinem Kulturpessimismus in allen Fragen recht gibt. Er ist zwar durchaus im Einklang mit Fuhrmanns Kritik, dass die PISA-Studie nur begrenzte Aussagekraft hat, weil dort vor allem ökonomisch verwertbares Wissen abgefragt wurde. Doch mit seiner Sicht auf die soziale Bedeutung von Bildung ist Jütte trotzdem nicht einverstanden: "Skepsis ist also angebracht, wenn Fuhrmann behauptet, im Schmelztiegel der Erlebnisgesellschaft habe die Bindung an die Hochkultur ihre distinktive Kraft eingebüßt." Diese Skepsis bringt Jütte auf eine einfache Formel: "Zumindest für Deutschland gilt: Wo Latein gelehrt wird, hört man weniger Türkisch." Deshalb liegt die Gefahr nicht im Niedergang des bürgerlichen Bildungskanon: "Statt Bildungsdünkel droht sozialer Dünkel."

© Perlentaucher Medien GmbH