Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten in Bocholt sahen zahlreiche Kaufleute und Unternehmer, aber auch einfache Bürger, ihre Chance: Sie übernahmen Häuser, Geschäfte, Fabriken, Kunstwerke und ganze Wohnungseinrichtungen zu Dumpingpreisen. Wenn denn überhaupt gezahlt wurde. Der Fachbegriff hierfür lautet Arisierung. Das Bedrückende dabei: Die Täter waren im Regelfall keine Nazis. Sie kamen aus dem bürgerlichen katholischen Milieu und hatten sich teilweise gar nicht oder erst sehr spät der NSDAP als nominelle Mitglieder angeschlossen. Es ging ihnen schlicht darum, die Chance zu ergreifen, preiswert Häuser, Fabriken und Geschäfte auf Kosten der Juden zu erwerben. Die Voraussetzungen hierfür schuf der NS-Staat mit Sondersteuern und Abgaben sowie Rechtseinschränkungen für Juden. Und in Bocholt die komplett zur NSDAP übergelaufene Stadtverwaltung mit willkürlichen Preis-Festlegungen für Immobilien, und mit Enteignungen. Nach dem Krieg sollten die Juden entschädigt werden, die Britische Besatzungsmacht und der Bundestag hatten Restitution und Wiedergutmachung beschlossen. Doch die Profiteure der NS-Zeit weigerten sich vielfach: Die Vermögenswerte seien nicht mehr aufzutreiben oder es habe sie nie gegeben, die übernommenen Warenlager seien wertlos, die Immobilienqualität schlecht gewesen. Außerdem sei alles mit rechten Dingen zugegangen. Die Juden hätten auch verkauft, wenn die Nazis nicht regiert hätten, behaupteten sie. Eine Entschädigung sei daher nicht zu zahlen. Wehren konnten sich die Juden nach dem Krieg kaum: Die ursprünglichen Besitzer waren vielfach ermordet, die Erben kannten nur Teile des Vermögens. Und mussten oftmals Jahrzehnte für ihr Recht kämpfen. So blieb fast alles in der Hand der Nutznießer des NS-Regimes. Sie zahlten kleine Entschädigungen und konnten weitermachen wie bisher. Mit ihren übernommenen jüdischen Geschäften, Wohnhäusern und Fabriken.
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