2 Abs. 2 JGG verzahnt das Erwachsenen- und Jugendstrafrecht derart, dass die allgemeinen Vorschriften des Straf- und Strafverfahrensrechts weitgehend auch für Jugendliche und Heranwachsende gelten. Allerdings bestehen bei dieser Altersgruppe zahlreiche - empirisch abgesicherte - Besonderheiten. Straftaten junger Menschen unterscheiden sich in ihren Entstehungsprozessen und Bedeutungszusammenhängen von der Delinquenz Erwachsener. Dies wurde und wird bei der Strafgesetzgebung, aber auch in der Strafrechtspraxis kaum berücksichtigt. Die daraus resultierende altersgruppenübergreifende Anwendung der Normen des StGB und der StPO führt regelhaft zu einer Überkriminalisierung junger Menschen und es entsteht die Problemlage, dass sich das Strafrecht als widersinnig und dysfunktional für die Entwicklung der betroffenen Jugendlichen bzw. Heranwachsenden erweist. Für diese grundlegende Problematik bietet die Arbeit eine Lösung an: den Grundsatz der jugendgemäßen Auslegung. Hierunter verstehtman eine strafbarkeitsbegrenzende Auslegung der allgemeinen Strafnormen, die sich an den Besonderheiten Jugendlicher und Heranwachsender orientiert und insbesondere die Unterschiede gegenüber Erwachsenen bei der strafrechtlichen Rechtsanwendung berücksichtigt.
»Die sehr überzeugende und von einer großen Sensibilität für jugendkriminologische, erzieherische und entwicklungspsychologische Fragen geprägte Arbeit der Verfasserin ist sehr verdienstvoll. Sie verdeutlicht den zusätzlichen Erkenntnisgewinn einer interdisziplinären Herangehensweise im Schnittfeld von empirisch-jugendkriminologischen und rechtsdogmatischen Fragestellungen. Die vorliegende Arbeit verdient eine breite Leserschaft und sollte in der juristischen Ausbildung zur Pflichtlektüre für angehende Jugendstaatsanwälte und -richter sowie Verteidiger werden.« Prof. Dr. Frieder Dünkel, in: Neue Kriminalpolitik, Jg. 35, 2/2024