Mit Anfang dreißig entflieht der verhinderte Schriftsteller Edward Manners der Orientierungslosigkeit seines Daseins in der südostenglischen Provinz, um im belgischen Brügge als Privatlehrer zu arbeiten. Bereitwillig lässt er sich vom modrigen Charme der altehrwürdigen Handelsstadt in den Bann ziehen, erkundet ihre engen Gassen, zwielichtigen Kneipen und versteckten Parks, in denen schwule Männer sich zum Sex treffen. Nebenbei findet er Gefallen an den Gemälden des belgischen Symbolisten Edgard Orst. Und er verliebt sich in seinen Schüler Luc. Seine rückhaltlose Bewunde-rung nimmt bald schon obsessive Züge an. Als Edwards Gefühlsleben endgültig zum Abbild der hysterischen Entrücktheit der Orst-Gemälde zu werden droht, erzwingt ein Todesfall seine Rückkehr nach England. Alan Hollinghursts zweiter Roman "The Folding Star" erhielt beim Erscheinen der englischen Erstausgabe 1994 durchgängig euphorische Kritiken und die Jury des Booker Prize setzte das »hintersinnige Märchen über Besessenheit, Geheimnis, Begierde und Verlust« prompt auf die Shortlist. Joachim Bartholomae hat den Text, den "The Sunday Times" als wunderschön geschrieben" und "pervers romantisch" pries, mit viel Gespür für Hollinghursts intellektuellen Humor nun erstmals ins Deutsche übertragen. Das Ergebnis ist nicht zuletzt ein Beweis für die Zeitlosigkeit des Romans. Der Hirtenstern ist wie die Gemälde des Symbolisten, denen Edward verfällt: mysteriös, morbide, surreal und sexy.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Kai Sina kann nicht nachvollziehen, dass der 1994 im Original erschienene Roman von Alan Hollinghurst, der nun auf Deutsch vorliegt, von vielen als entspanntes und tabubrechendes Buch über Männerliebe verstanden wird. Für ihn ist der Machtmissbrauch, den der Ich-Erzähler Edward Manners gegenüber seinem Nachhilfeschüler Luc betreibt "alles andere als wünschenswert". Hollinghurst konzentriere sich auf das Leiden des Begehrens seiner Hauptfigur, die so belesen und reflektiert dargestellt werde, dass das "Böse" dieses Mannes in den Hintergrund tritt. Wie der Autor mit Wahrnehmungsmustern spiele sei zwar "genial", was die Botschaft angeht, handele es sich aber um ein "tückisch erzähltes Meisterwerk", resümiert Sina.
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