Die eindrucksvollen historischen Photographien laden ein zu einer Entdeckungsreise durch Leben, Alltag, Wohn- und Arbeitswelt der Menschen am Hochrhein. Gezeigt werden unverbaute Landschaften, nicht mehr erhaltene Dorf- und Stadtansichten, sowie Aufnahmen von Familienfeiern und Vereinsfesten, aus Brauchtum, Sport und Freizeit. Diese alten Bilder machen den Alltag und das Zusammenleben jener Jahre nachvollziehbar, sie sind Fenster, durch die wir die Schönheiten wie die Härte vergangener Zeiten wahrnehmen können.
"Der Hochrhein - Landschaft und Alltagsleben in alten Fotografien" von Manfred Bosch, Adelheid Enderle, Heinz Fricker, Reinhard Valenta. G. Braun Verlag, Karlsruhe 1997. 120 Seiten, 100 Duotone-Abbildungen. Gebunden, 48 Mark.
Mit langsam stolzem Odemzug" (Gottfried Keller), manchmal wild und ungestüm, bahnt sich der Hochrhein zwischen Konstanz und Basel seinen Weg. Er treibt Kraftwerke an, gibt den Flößern und Fischern seit Jahrhunderten ein Auskommen. Die schon von den Kelten und Römern genutzte Wasserstraße wurde aber auch als Trennungslinie im Zwist der Staaten um Territorien genutzt. Kriege, Hungersnöte und die industrielle Revolution bedrohten die Identität der Anwohner rechts und links des Rheines, die in schwierigen Zeiten allerdings immer wieder zueinanderfanden. Ein Bildband widmet sich den "Menschen am Fluß", gibt Momentaufnahmen von ungetrübten Badefreuden, Altstadtüberflutungen, Brückenfesten und Prozessionen. Die Schwarzweißbilder aus der Zeit von 1880 bis 1941 sowie einige kurze Aufsätze beschreiben den Alltag der Einwohner, das harte Leben im Grenzland, das nur durch Feiertage und Fasnacht Farbtupfer erhielt. Die Fotos wirken wie expressionistische Gemälde - ein einsamer Wanderer auf einem Felsen, die "Begegnung der Generationen am Eßtisch", die "Getreideernte vor den Toren der Stadt". Der Betrachter taucht ein in das dörfliche Treiben, wird erfaßt vom Rhythmus einer anderen Zeit. Die Droschkenräder knirschen, Schmiede hämmern, Störche nisten, Kühe muhen, die Bürger spielen Skat. Ab und zu kreuzen "Beeriwiber" und Bürstenmänner seinen Weg. Er folgt einer Hochzeitsgesellschaft mit Schürzen und Zylindern, hält auf dem Bauernmarkt inne, verweilt bei "Moscht und Speck". Und beim "Waschtag am fließenden Wasser" legt er in Gedanken Hand mit an. Die knappen Begleittexte geben den Bildern ihre Fülle, dem Strom Spielraum, den Charakteren eine starke Präsenz. (sg)
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