Österreich in den »Waldheimjahren«: Während der Skandal um den neuen Staatspräsidenten auf den Höhepunkt zutreibt, streift der Spanienveteran und KZ-Überlebende Edmund Fraul ruhelos durch Wien: Dem Lager nie entkommen, bis ins Mark kalt, kann er Gefühle nicht äußern, ja nicht einmal spüren. Bis er auf seinen Wanderungen durch Wien einem ehemaligen KZ-Aufseher begegnet und mit ihm ins Gespräch kommt: über Auschwitz. Robert Schindel führt uns nach Gebürtig erneut in den Wiener Kosmos: in eine Welt politischer, künstlerischer und menschlicher Feindschaften und Zerreißproben, in ein Geflecht von Tragödien und Liebesgeschichten, die so gut glücklich enden können wie tödlich.
Figurenreich, weltstädtisch, kämpferisch ist dieser Roman, sanft und von großer sprachlicher Schönheit - und getragen von der Hoffnung, dass Wärme und Lebendigkeit einer neuen Zeit in die erkalteten Beziehungen von einst zurückkehren.
Figurenreich, weltstädtisch, kämpferisch ist dieser Roman, sanft und von großer sprachlicher Schönheit - und getragen von der Hoffnung, dass Wärme und Lebendigkeit einer neuen Zeit in die erkalteten Beziehungen von einst zurückkehren.
»Der Kalte ist ein Roman über eine Gesellschaft, die sich vor sich selbst fürchtet und gerade deshalb diese so vehement wie verbissen verteidigt. Insofern ist es auch ein Gegenwartsroman über unsere seltsam starre Selbstverteidigergesellschaft.« Dirk Pilz Frankfurter Rundschau 20130914
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Viel Gutes kann Rezensent Franz Haas Robert Schindels neuem und lang erwarteten Roman "Der Kalte" leider nicht abgewinnen. Er wirft dem längst auch als Romanautor tätigen Lyriker vor, in seinen Romanen einmal mehr ein ernstes Thema der Zeitgeschichte zu einem "seichten Prosareigen" um die Wiener Polit- und Kulturschickeria "aufzublasen". Den Kritiker verschlägt es in diesem Fall ins Wien der Jahre 1985 bis 1989, als Österreichs Mitschuld am Nationalsozialismus immer offenkundiger wurde, Kurt Waldheim trotz NS-Vergangenheit Bundespräsident wurde und der rechtsradikale Jörg Haider große Erfolge feierte. Haas liest hier so viele detailreich rekonstruierte Fakten des Polit- und Kulturkampfes, dass ihm die meisten - unnötig verschlüsselten - Romanfiguren, etwa Elfriede Jelinek im Kaffeehaus oder der grimmige Thomas Bernhard, allzu "blutleer" erscheinen. In der wunderbar "poetisch-kathartisch" geschilderten Zusammenkunft zwischen dem KZ-Überlebenden Edmund Fraul und dem ehemaligen KZ-Aufseher Wilhelm Rosinger, die oft beinahe schweigend ihre Erfahrungen "austauschen", erkennt der Rezensent dann allerdings doch noch die Virtuosität, die er an dem Lyriker Schindler schätzt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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