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Nobelpreis für Literatur 2022
Annie Ernaux schreibt die objektive Biographie ihres Vaters. Dabei wird sie zur genauen Beobachterin der Verhältnisse, aus denen sie stammt. Das Erscheinen von Der Platz 1983 markiert einen Einschnitt in der französischen Literatur - diese neuartige Form der Selbstbetrachtung ist der Glutkern der Autofiktion.
Ihr Vater stirbt, und Annie Ernaux nimmt das zum Anlass, sein Leben zu erzählen: Um die Jahrhundertwende geboren, musste er früh von der Schule abgehen, war zunächst Bauer, dann, bis zum Todesjahr 1967, Besitzer eines kleinen Lebensmittelladens in der
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Produktbeschreibung
Nobelpreis für Literatur 2022

Annie Ernaux schreibt die objektive Biographie ihres Vaters. Dabei wird sie zur genauen Beobachterin der Verhältnisse, aus denen sie stammt. Das Erscheinen von Der Platz 1983 markiert einen Einschnitt in der französischen Literatur - diese neuartige Form der Selbstbetrachtung ist der Glutkern der Autofiktion.

Ihr Vater stirbt, und Annie Ernaux nimmt das zum Anlass, sein Leben zu erzählen: Um die Jahrhundertwende geboren, musste er früh von der Schule abgehen, war zunächst Bauer, dann, bis zum Todesjahr 1967, Besitzer eines kleinen Lebensmittelladens in der Normandie, die körperliche Arbeit ließ ihn hart werden gegen seine Familie. Das Leben des Vaters ist auch die Geschichte vom gesellschaftlichen Aufstieg der Eltern und der gleichzeitigen Angst, wieder in die Unterschicht abzurutschen, von der Gefahr, nicht zu bestehen. Dass seine Tochter eine höhere Schule besucht, macht ihn stolz, trotzdem entfernen sich beide voneinander.

Und so ist die Erzählung der Tochter auch die eines Verrats: An ihren Eltern, einfachen Menschen, und dem Milieu, in dem sie aufgewachsen ist - gespalten zwischen Zuneigung und Scham, zwischen Zugehörigkeit und Entfremdung.
Autorenporträt
Annie Ernaux, geboren 1940, bezeichnet sich als 'Ethnologin ihrer selbst'. Sie ist eine der bedeutendsten französischsprachigen Schriftstellerinnen unserer Zeit, ihre zwanzig Romane sind von Kritik und Publikum gleichermaßen gefeiert worden. Annie Ernaux hat für ihr Werk zahlreiche Auszeichnungen erhalten, zuletzt den Nobelpreis für Literatur.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Paul Jandl bewundert, wie Annie Ernaux in ihrer Erinnerungsprosa alle Sentimentalitäten vermeidet, um mit einem unverstellten soziografischen Blick ihr eigen Geschichte, ihre Familie und die ländliche Normandie zu erkunden. Das verblüffende Ergebnis dieser "literarischen Wissenschaft" sei ein warmherziges, geradezu zärtliches Porträt ihres verstorbenen Vaters, in dessen Welt vor allem der Wunsch vorherrschte, "es besser zu haben". Der Vater kam aus einer Familie sprachloser Tagelöhner, er hatte sich das Geld für eine Kneipe zusammengespart und dann seiner Tochter ein Studium ermöglicht. Aber schon der bescheidene Aufstieg ging auch einher mit dem Bewusstsein für soziale Unterschiede. Wie Ernaux die Scham beschreibt, die mit der Deklassiertheit einhergeht, die ständige Angst vor der Entblößung, das hat den Rezensenten sehr berührt.

© Perlentaucher Medien GmbH
»An den ... Büchern von Annie Ernaux führt kein Weg vorbei. Die Geschichte ihrer Eltern, so genannter einfacher Leute, ist so messerscharf geschrieben, dass die rigorose Subjektivität sich zu gleißender Allgemeingültigkeit wandelt.« Judith von Sternberg Frankfurter Rundschau 20190626