Rettenberger läuft Kilometer um Kilometer, aus der Stadt, über Felder. Hinter ihm wirbeln Blaulichter durch die Nacht, vor ihm dehnt sich die Landschaft. Da wird es leichter, er setzt nur noch die Fußspitzen auf, hebt gleichsam ab, fliegt seinen Verfolgern davon. »Ich laufe davon, unentwegt kam dieser kaum hörbare Satz wieder, bei jedem neuen Schritt. Und dieses Reden versorgte ihn spürbar besser mit Luft, durchdrang leichter die Enge im Hals, diese Barriere seiner stummen Angst, und überspielte selbst die Hast in seinem Atmen.« Als »Pumpgun-Ronnie« wurde der Bankräuber, der bei den meisten seiner Überfälle eine Reagan-Maske trug, Ende der achtziger Jahre berühmt. Fernsehen und Zeitungen berichteten in allen Ausgaben über seine Flucht, die er, der Marathon-läufer, vier Tage lang überwiegend zu Fuß bestritt.Martin Prinz, ebenfalls Läufer, hat ihn gekannt und zum Helden seines Romans gemacht.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Von Schillers "Die Räuber" zu Martin Prinz' "Der Räuber" - Walter Hinck lässt noch einmal die schweren Jungs Revue passieren, die von ihren literarischen Porträtisten meist mit romantischer Aura ausgestattet wurden, um schließlich bei "Pumpgun-Ronnie" anzukommen, der in den Achtzigern die Wiener mit seinen überaus verwegenen Banküberfällen in Aufregung versetzte. Martin Prinz hat ihn im Roman verewigt, mit Faszination, aber ohne ihn größer als seine Verbrechen zu machen. Er lässt, beschreibt Hinck, seinen Erzähler dem Flüchtigen "mit topografischer Genauigkeit" folgen und enthüllt nebenbei die Vorgeschichte seines diebischen Helden - ein Verfahren, das souverän doppelte Spannung erzeuge: Was hat es mit ihm auf sich? Und wird die Flucht gelingen? Sie gelang, weiß Hinck, im wirklichen Leben ziemlich oft, denn Johann Rettenberger -so hieß Pumpgun-Ronnie eigentlich - war Marathonläufer, ein ziemlich guter sogar, der seine Verfolger laufend abschüttelte. Der Roman sei deshalb auch eine "Erfahrungskunde der Fortbewegung", vor allem aber "ein starkes Stück sachlicher und nirgendwo flacher Prosa".
© Perlentaucher Medien GmbH
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