Friedrich Fromm (1888-1945) ist ein bekannter Unbekannter - man kennt ihn, aber wenig weiß man von ihm. Dabei war der gelernte Artillerist seit 1933 wie kein anderer Offizier für die personelle und materielle Aufrüstung des deutschen Heeres verantwortlich. Als Chef des Allgemeinen Heeresamtes und seit 1939 als Chef der Heeresrüstung und Befehlshaber des Ersatzheeres nahm er eine Machtstellung ein, die ihn zu einem der wichtigsten und einflussreichsten Männer der Heeresführung werden ließ. Seinen 'starken Mann im Heimatkriegsgebiet' nannte 1942 Hitler den glänzenden Organisator, der Ende 1941 sogar als neuer Oberbefehlshaber des Heeres im Gespräch gewesen war. Obwohl Fromm über lange und entscheidende Jahre im militärischen Zentrum des Dritten Reiches stand, ist es ein einziger Tag, der allein ihn im Gedächtnis der Nachwelt lebendig erhalten hat: der 20. Juli 1944, als er im Bendler-Block in Berlin Stauffenberg und drei seiner Mittäter erschießen ließ. Ungeprüft gilt er seither als schwankender Opportunist, der seine Verbindung zum militärischen Widerstand in der Stunde von dessen Scheitern mit Gewalt zu leugnen versuchte, und das noch ohne Erfolg: Er wurde aus der Wehrmacht entlassen, kam vor den Volksgerichtshof und wurde am 12. März 1945 hingerichtet. Niemand hat seither versucht, die Rolle Fromms am 20. Juli im Lichte aller verfügbaren Quellen ernsthaft zu prüfen. Das einmal gefällte Pauschalurteil genügte, seine Person, ja seine gesamte Tätigkeit dem Vergessen zu überantworten. Dass Fromm an höchster Stelle an der deutschen Wiederaufrüstung und Kriegsvorbereitung mitgewirkt hatte, dass er andererseits schon im Oktober 1941 und wieder im November 1942 hochoffiziell eine politische Beendigung des Krieges gefordert hatte, da dieser nicht mehr zu gewinnen sei, das ging in einer modernen Art von damnatio memoriae unter, die auch die Frage, wie Fromms Beziehungen zu den Verschwörern des 20. Juli zustande gekommen und welcher Art sie gewesen waren, gar nicht mehr stellte. Bernhard Kroener hat in mehr als ein Jahrzehnt dauernder Forschungsarbeit die Lebensgeschichte Friedrich Fromms und die Antriebskräfte seines Handelns trotz schwierigster Quellenlage einfühlsam rekonstruiert. Es ist ihm gelungen, im Spiegel dieses Offiziers und seiner Karriere die deutsche Aufrüstung und Kriegsplanung und das Scheitern ihrer Ziele plastisch darzustellen und in der Geschichte der deutschen Generalität und des militärischen Widerstandes gegen Hitler neue Akzente zu setzen. Ein glänzendes Buch, ein großer Beitrag zum Thema Wehrmacht und Nationalsozialismus.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Völlig einverstanden zeigt sich Rezensent Frank-Lothar Kroll von dieser über tausend Seiten starken Biografie über Generaloberst Friedrich Fromm, die der Potsdamer Militärhistoriker Bernhard R. Kroener vorgelegt hat. Fromm war Chef der Heeresrüstung und Befehlshaber des Ersatzheeres, und gelangte bisher vor allem dadurch zu Berühmtheit, dass er die Erschießung des Grafen Stauffenberg und seiner Mitverschwörer anordnen ließ. Ganz richtig findet Kroll aber, dass Kroener Fromms Persönlichkeit nicht allein aus seinem Handeln am 20. Juli 1944 beurteile, sondern seinen Lebenslauf "biografisch umfassend" rekonstruiere. Dabei zeigte sich dem Rezensenten, dass Fromm vielleicht ein talentierter Organisator, aber eben doch nur recht durchschnittlicher Mann gewesen sei. Keine Einwände erhebt Kroll gegen die Deutung des Autors, Fromm habe die Verschwörer des 20. Juli aus edlen Motiven erschießen lassen - um sie nämlich vor einer noch schrecklicheren "Rache des Regimes" zu schützen (wodurch wir natürlich auch begreifen, dass ein Chef der Heeresrüstung nicht zum Regime gehört).
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