„Der stille Vogel“ ist der dritte Teil um den ehemaligen FBI-Agenten John Adderly, geschrieben vom schwedischen Autorenduo Peter Mohlin und Peter Nyström. Da ich die anderen beiden Teile gelesen und für eher mittelmäßig befunden hatte, war ich auf dieses Buch sehr gespannt. Tatsächlich hat es mir
wesentlich besser gefallen als die anderen, es war spannend und hatte nach ein paar leichten…mehr„Der stille Vogel“ ist der dritte Teil um den ehemaligen FBI-Agenten John Adderly, geschrieben vom schwedischen Autorenduo Peter Mohlin und Peter Nyström. Da ich die anderen beiden Teile gelesen und für eher mittelmäßig befunden hatte, war ich auf dieses Buch sehr gespannt. Tatsächlich hat es mir wesentlich besser gefallen als die anderen, es war spannend und hatte nach ein paar leichten Anlaufschwierigkeiten eine Menge zu bieten.
Aber von vorn.
John Adderley aka Fredrik Adamsson arbeitet nach wie vor bei der Polizei in der schwedischen Provinz. Als ehemaliger FBI-Agent kommt ihm sein Leben im Zeugenschutz in Karlstad ein bisschen wie eine Verbannung vor. Momentan hat er allerdings einen guten Grund, seinen geplanten Umzug nach Berlin aufzuschieben: er hat Nicole, die achtjährige Tochter seines verstorbenen Bruders, bei sich aufgenommen. Als Mona, seine Kontaktperson im Zeugenschutzprogramm, plötzlich seine Chefin wird, gerät er in Zugzwang. Während eines Fußballspiels, bei dem Johns Nichte Nicole mitspielt und er zusieht, fällt ein Knochen aus einem Vogelnest. Die erste Untersuchung ergibt, dass es sich dabei um ein menschliches Schlüsselbein handelt. Im Herbst 1986 waren die Zwillinge Jens und Jonas Brodin spurlos verschwunden, Hauptverdächtiger war damals war der Vater Kenneth, da er „seltsam“ war. Er konnte aber ein wasserdichtes Alibi präsentieren und der Fall wanderte irgendwann als ungelöst zu den Akten. Jetzt holt John den Fall wieder aus der Versenkung und beginnt, in dem „Cold Case“ zu ermitteln, was eine willkommene Ablenkung zu seinem Privatleben ist. Er schafft es, Nicole bei neuen Pflegeeltern unterzubringen, dazu untersucht er das Verschwinden einer jungen Asylbewerberin, die abgeschoben werden soll. Dabei stößt er unter anderem auf Pål Kratz. Der ist nach 30 Jahren wieder in seine Heimatstadt zurückgekehrt und kennt alle und jeden. Kennt er auch die Lösung des Falls?
Da die Handlung in sich abgeschlossen ist und vieles aus den Vorgänger-Bänden eingeflochten ist, kann man das Buch sehr gut ohne Vorkenntnisse lesen. Nachdem mich die ersten beiden Teile zwar gut unterhalten, aber nicht wirklich begeistert haben, hat der dritte Teil der Serie mich wirklich angenehm überrascht. Sprachlich ist er so gut wie die anderen, auch die Übersetzung ist sehr gut gelungen. Die Charaktere sind gut und dreidimensional beschrieben, John als Protagonist kenne ich schon seit „Der andere Sohn“ und seine Entwicklung ist spannend mitzuverfolgen. Er hat sich vom knurrigen Einzelkämpfer, der auf der Flucht vor einem nigerianischen Drogenkartell ist, zum sympathischen Ersatzvater von Nicole entwickelt. Er agiert im Beruf professionell und zielstrebig und zeigt bei einigen Gelegenheiten seine menschliche Seite. Die Charaktere neben ihm sind ebenfalls gut ausgearbeitet, fallen an seiner Seite allerdings relativ stark ab.
Die Geschichte an sich besticht durch ihre Komplexität, die zahlreichen Wendungen und die vielen Charaktere, die alle irgendwie miteinander zusammenhängen. Anfangs wird sie aus mehreren Perspektiven erzählt, wodurch das Publikum einen tiefen Einblick in die Geschehnisse bekommt, aber im Unklaren bleibt, wohin die Geschichte führen wird. Zumindest hat man aber ein bisschen mehr Einblick als die Ermittler, was für mich die Spannung steigerte, zumal ich Täter-technisch mehrfach komplett auf den Holzweg geriet. Die Lösung des Falls blieb für mich dann hinter meiner eigenen Fantasie zurück und hat mich aber durchaus überrascht.
Im Kontrast zur eher lockeren Sprache bietet das Buch inhaltlich schwerere Kost. Unter anderem treffen Fremdenfeindlichkeit, schwierige Familienverhältnisse und eine Art „Querdenker“ mit Verschwörungsfantasien auf strafrechtlich relevante Delikte wie Diebstahl, Körperverletzung und Mord. Fast jeder der Charaktere hat in der Geschichte seine eigene „Leiche im Keller“ und es wird gelogen, was das Zeug hält. Für mich war „Der stille Vogel“ ein Volltreffer und ich empfehle das Buch gern jedem, der skandinavische Krimis mag. Ich freue mich auf den vierten Teil der Reihe, auf Schwedisch ist er bereits unter dem Titel „Den högra handen“ (die rechte Hand) erschienen. Von mir fünf Sterne.