Viele große Schriftsteller schlägt während ihres gesamten Schreibens ein Sujet in Bann, das sie in immer neuen Ansätzen erkunden. Jorge Semprun haben die gesellschaftlich-politischen Verhältnisse des 20. Jahrhunderts sein Thema eingeprägt: in einer "unendlichen Schrift" von seinem Leben und Überleben im Konzentrationslager Buchenwald Zeugnis abzulegen. In diesem Buch erinnert er sich, ausgehend von Begegnungen Ende der neunziger Jahre, an ein Ereignis im Winter 1944 in Buchenwald, in dem er "Glück" hatte.
Das "Glück" bestand darin, dass die kommunistische Organisation des Lagers eine Person ausfindig machte, deren Identität Jorge Semprun annehmen konnte. Sie gehörte zur Gruppe der "Muselmanen" - dem Personenkreis, der in der internen Hierarchie die unterste Schicht bildete, jener, die sich aufgegeben hatten - und musste, um den Namenswechsel zu ermöglichen, im Sterben liegen. Diese Vertauschung erwies sich als notwendig, weil aus Berlin eine Anfrage nach dem Verbleib Jorge Semprun s eingetroffen war. Solche Anfragen zogen in der Regel die sofortige Exekution des Betreffenden nach sich. Von den Ereignissen zweier Tage erzählt Jorge Semprun: Von einer Nacht an der Seite des sterbenden "Muselmanen", von seinen vorherigen Begegnungen im Lager mit dem Todgeweihten, von seinen Begegnungen Jahrzehnte später mit anderen Überlebenden spricht dieses lakonische Buch, das durch die Engführung von Fiktion und Realität die Situation in Buchenwald deutlichst vor Augen führt.
Das "Glück" bestand darin, dass die kommunistische Organisation des Lagers eine Person ausfindig machte, deren Identität Jorge Semprun annehmen konnte. Sie gehörte zur Gruppe der "Muselmanen" - dem Personenkreis, der in der internen Hierarchie die unterste Schicht bildete, jener, die sich aufgegeben hatten - und musste, um den Namenswechsel zu ermöglichen, im Sterben liegen. Diese Vertauschung erwies sich als notwendig, weil aus Berlin eine Anfrage nach dem Verbleib Jorge Semprun s eingetroffen war. Solche Anfragen zogen in der Regel die sofortige Exekution des Betreffenden nach sich. Von den Ereignissen zweier Tage erzählt Jorge Semprun: Von einer Nacht an der Seite des sterbenden "Muselmanen", von seinen vorherigen Begegnungen im Lager mit dem Todgeweihten, von seinen Begegnungen Jahrzehnte später mit anderen Überlebenden spricht dieses lakonische Buch, das durch die Engführung von Fiktion und Realität die Situation in Buchenwald deutlichst vor Augen führt.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Dass der achtzigjährige Jorge Semprún wieder das tut, was er schon seit sechzig Jahren tut, nämlich zu überlegen, "wie man etwas sagen kann, wofür es keine Worte gibt", nimmt die Rezensentin Verena Auffermann zum Anlass, diese sechzig Jahre noch einmal Revue passieren zu lassen. "Semprún ist kein Belletrist", erklärt Auffermann, und sein Schreiben nicht Dichtung, sondern Wahrheit - so dass Autobiograf und Teilnehmer der Ereignisse identisch sind. Etwas verworren erklärt die Rezensentin, die Hauptfigur Francois L. füge sich ein in die Reihe der Protagonisten seiner vorangegangenen Bücher, alle "Traumgespinste eines Toten von einst", gewissermaßen Semprúns "Doppelgänger". Als Ausdrucksmittel, so Auffermann, dienen Semprún unter anderem die Bücher, die er gelesen hat. Auch habe sechzig Jahre nach den geschilderten Ereignissen im KZ Buchenwald die Analyse allmählich die unmittelbare "Anschauung" abgelöst. Francois L. stirbt und wird so für Semprún zum Inbegriff des "wahren Zeugen": Es ist derjenige, 'der nicht überlebt hat, der bis ans Ende der Erfahrungen gegangen ist und weder von den Historikern noch von den Soziologen zum Sprechen gebracht werden kann', zitiert Auffermann den Autor. Dieses Buch, so die Rezensentin, ist ein weiteres Manifest gegen den "heuchlerischen Begriff" der Verarbeitung.
© Perlentaucher Medien GmbH
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