Schon zu Beginn fesselt mich in diesem Buch dieser Satz: „Ein Wirtschaftsminister als lernender Praktikant, als wäre er stets auf der Suche nach Schwiegermüttern, die sich immer schon so einen Mann für ihre Tochter gewünscht haben und denen er auf Kaffeefahrten locker alle Heizdecken dieser Welt
verkaufen könnte.“ In der Tat waren einige Politiker fleißig darin, Bürger an Staatsanwaltschaften zu…mehrSchon zu Beginn fesselt mich in diesem Buch dieser Satz: „Ein Wirtschaftsminister als lernender Praktikant, als wäre er stets auf der Suche nach Schwiegermüttern, die sich immer schon so einen Mann für ihre Tochter gewünscht haben und denen er auf Kaffeefahrten locker alle Heizdecken dieser Welt verkaufen könnte.“ In der Tat waren einige Politiker fleißig darin, Bürger an Staatsanwaltschaften zu verpetzen, wenn sich der Bürger humoristisch wehren wollte. Es stimmt, aus der Ampelzeit werden nur Talkshows mit gefallsüchtigen FDP-Vorsitzenden und einer Dame in Erinnerung bleiben. „Die Ampel wird als unwürdiges Spektakel deutscher Politik in die Geschichte eingehen.“ Der Beginn von Bürger-Verfolgungen unterhalb der Strafbarkeitsgrenze hat aktuell die Haudurchsuchung von Prof. Bolz zu einem Höhepunkt geführt. Die Autoren warnen genau vor dieser Entwicklung, angestoßen durch Parteien, die vor allem Angst vor dem Verlust von Ämtern haben.
Meinem Gefühl nach beschreiben die beiden Autoren in diesem Buch die politische Lage Deutschlands als eine müde Warteschleife, die ich bildhaft mit dem „Kaninchen vor der Schlange“ vergleiche – eine prägnante Metapher für die lähmende Unsicherheit und Abwartung, die unser Land derzeit prägt. Die Autoren des Buches sind Rainer Wendt, der langjährige Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, und Frank Henkel, ehemaliger Berliner Innensenator. Beide bringen umfassende Erfahrung aus der Sicherheits- und Verwaltungspolitik mit und verwenden dieses Wissen, um eine pointierte Diagnose des politischen Stillstands in Deutschland zu stellen. Den Elefanten im Raum möchte niemand sehen, und immer wieder muss ich an dieses Zitat von Norbert Bolz denken: „Die Stärke der radikalen Linken ist ihre unerschütterliche Dummheit.“
Wendt und Henkel schreiben mit dem Können und auch der beißenden, herben Kritik von Praktikern über die die aktuelle Merz Regierung und ihre Minister. Für sie ist Deutschland ein Land, das sich festgefahren hat: zwischen Regelungswut, Angst vor Verantwortung und dem Verlust an politischem Mut. Was in diesem Buch hervorsticht, ist die klare Sprache. Es gibt keine diplomatischen Umschreibungen, sondern handfeste Kritik an einer Politik, die dringliche Probleme lieber vertagt, als sie zu lösen.
Vom Zustand der inneren Sicherheit über Energie- und Migrationspolitik bis hin zu Wirtschaftsfragen zieht sich ein roter Faden: das Gefühl, dass Deutschland seine Tatkraft verloren hat und von Verwaltung statt von Visionen geführt wird.
Dabei ist der Ton nicht nur anklagend, sondern vor allem konstruktiv. Wendt und Henkel plädieren für eine Rückkehr zu Verantwortlichkeit, gesundem Menschenverstand und einer politischen Kultur, die wieder Entscheidungen wagt. Ihr Buch ist ein Appell an Realismus statt Ideologie – an das, was beide Autoren unter staatsbürgerlicher Vernunft verstehen. Es liest sich wie ein Lagebericht aus der Mitte des Apparats und zugleich wie eine Einladung, Politik wieder ernst zu nehmen und für den Bürger zu arbeiten. Dabei liest man die Sätze dieses Buches wie Comedy oft, festgemacht an z.B. der Politik der ehemaligen Außenministerin, sie darf uns jetzt in New York blamieren.
Zum Merzen und Sondieren muss ich schmunzeln: „Sondierungen zwischen politischen Parteien sind in etwa so wie eine Paartherapie zwischen verkrachten Eheleuten, die schon länger zusammen sind.“ Man reizt sich bis aufs Blut und wird durch Notwendigkeiten zusammen gehalten, hier: „Hohe Staatsämter locken, dicke Dienstwagen, in die man nur hinten einsteigt, sowie Insignien der Macht…“
Das Buch unterhält einen, beim Schmunzeln aber wird man schnell gallig und erkennt, es ist etwas faul im Staate Dänemark. Ja, dorthin sollten die Koalitionäre schauen, denn die SPD hat im Norden Europas Unglaubliches vollbracht, die Ortsbilder werden wieder erträglich, fast heimatlich. Die Sätze umkreisen markante Wahrheiten, die mir immer auf der Zunge lagen: „Bei den Sondierungen wird vereinbart, was man später vereinbaren will.“ Arbeitskreise, Herbst der Reformen, Vertagen, Warten, nichts machen.
Deutschland in der Warteschleife“ ist ein unbequemes, klarsichtiges Buch über die Müdigkeit eines Landes, das einst für Effizienz und Entschlossenheit stand – und nun vergeblich nach dem Freizeichen sucht. Die Autoren schließen das Buch mit wenig Hoffnung und sogar diese lassen mehr und mehr Menschen fahren, auch deshalb: „Die Verengung des Meinungskorridors ist tagtäglich spürbar.“ Mein Gefühl ist, dass im Märzen der Merz am Ende ist, weil die SPD die Forderung der Autoren nicht erfüllen wird: „…SPD, die endlich den Traum vom Sozialismus begraben und sich wieder den Problemen der Bevölkerung zuwenden muss.“ Der Verfasser des Vorwortes, Wolfgang Kubicki, sollte seine Partei schon mal auf einen neuen Wahlkampf und die Rückkehr in den Bundestag vorbereiten.