Riccardo Bavaj schlägt erstmals analytische Schneisen in das kaum entwirrbar erscheinende Dickicht, als das sich das Verhältnis von Nationalsozialismus und Moderne darstellt. Die Einsicht in den ambivalenten Charakter der Moderne leitet seine Bilanz, die alle einschlägigen Aspekte der Modernisierungsdiskussion im Zusammenhang mit der Geschichte des "Dritten Reiches" berücksichtigt: so etwa das Konzept der "Volksgemeinschaft", die Sozialpolitik, die soziale Basis der NSDAP, die Familienpolitik und die Stellung der Frau im "Dritten Reich", die Wirtschafts- und Rüstungspolitik, die Entwicklung von Wissenschaft, Technik und Umwelt, von Kunst, Kultur, Städte- und Wohnungsbau und schließlich die Rassenpolitik.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Ein wenig zwiespältig findet Rezensent Jürgen Elvert diesen Band, in dem sich Ricardo Bavaj mit modernen Elementen im Nationalsozialismus befasst. Nach Elverts Einschätzung ist sich Bavaj seiner Sache, der These von der Moderne des Nationalsozialismus, letztlich doch nicht ganz sicher. Eine Unsicherheit, die nach Elvert nicht neu ist, stritten doch schon vor 15 Jahren Historiker über die Anwendbarkeit des Modernisierungstopos auf den Nationalsozialismus. Jedenfalls hält er Bavaj zu Gute, dass er über 1.500 Studien und Arbeiten über die Deutung des Nationalsozialismus, vorwiegend aus den letzten beiden Jahrzehnten, ordnet und im Kontext der Entwicklung des Wissenschaftsdiskurses nach 1945 präsentiert. "Bavaj erörtert die verschiedenen Positionen und Lager angemessen und ausgewogen", lobt Elvert in diesem Zusammenhang. Allerdings taugt die hilfreiche Präsentation seines Erachtens kaum dazu, "die Relevanz der Modernisierungsthese im fachwissenschaftlichen Diskurs zu ändern", schließlich fänden sowohl Anhänger als auch Gegner der Modernisierungsthese reichlich Argumente für ihre jeweiligen Positionen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Es gibt viele gute Gründe, dieses Buch zu lesen. Es ist kurz, es beschreibt präzise den historischen Wissensstand und es konzentriert sich im Angesicht unüberschaubarer Literatur auf eine Frage, die fast wie ein roter Faden die Debatte der Experten durchzieht: Welche modernen bzw. antimodernen Züge trug das 'Dritte Reich'?" Michael Fröhlich in: Das Historisch-Politische Buch, Heft 1/2005







