Als Musa mit seinem Ruderboot an der Küste der ägäischen Insel anlegt, stößt er auf ein menschenleeres, verlassenes Paradies. Sofort erliegt er dem Zauber dieser verwunschenen Welt und lässt sich auf der Insel nieder. Aber unter der friedlichen Oberfläche liegen Tragödien. Die griechischen Inselbewohner wurden nach dem Ersten Weltkrieg in einer gigantischen Umsiedlungsaktion von einem Tag auf den andern vertrieben. In Musa erwacht die Erinnerung an die Grausamkeiten, die jahrzehntelang Anatolien, die Völker des Kaukasus und des Mittleren Ostens heimsuchten.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Stefan Weidner findet, dass der türkische Schriftsteller Yasar Kemal den beiden großen Themen des Romans "Die Ameiseninsel" "Ökozid und Genozid" als politisch engagierter "Mensch und Pazifist", aber keinesfalls als Schriftsteller gewachsen sei. Die Thematik seines neuen Romans "Die Ameiseninsel" täusche nicht über stilistische Schwächen wie die Verwendung von allzu pittoresken Versatzstücken und Klischees hinweg. Den beiden Protagonisten mangele es an psychologischer Tiefe, wobei der Autor die innere Zerrissenheit seiner Helden nur als eine Art "Hamlet-Karikatur" widerzugeben vermag, so Weidner. Die Darstellung des zugrundeliegenden historischen Stoffes - "des Bevölkerungstausches zwischen der Türkei und Griechenland, eine 1923 im Friedensvertrag von Lausanne völkerrechtlich legitimierte ethnische Säuberung" - bleibt laut Weidner in einem oberflächlichen Realismus stecken, der nichts mit den großen historischen Romanen eines Tolstoi gemeinsam habe. Das Scheitern des Autors an Figurenkonzeption und Stoff ist für Weidner ein schriftstellerisches Scheitern, kein menschliches, weshalb der Roman "Die Ameiseninsel" für den Kritiker zumindest ein ehrenvolles Vorhaben bleibt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Yasar Kemal schafft einen wunderbaren Kosmos mit Veilchenduft, Bienenschwirren und der Weite des Meeres, mit Märchen und Mythen all jener Kulturen, die hier zusammenprallen. Es ist zugleich ein poetisches, wie auch politisches Werk. Zutiefst moralisch, vor allem aber warmherzig und menschlich.« Kieler Nachrichten
