Aus einer jahrelangen Lebens- und Schaffenskrise heraus, ausgelöst durch die Nachrichten über den Genozid an der europäischen Judenheit, begann Soma Morgenstern 1946 in New York, immer wieder neu ansetzend und immer wieder stockend, sein Totenbuch fürdie Opfer des Völkermordes zu schreiben. Mit der "Blutsäule" unternahm er den Versuch, das SS-Verbrechen an den jüdischen Einwohnern eines Städtchens am Fluß Sereth im einstigen Ostgalizien literarisch zu fassen. Auf der Suche nach einer Sprachform, die dieser schwierigen Aufgabe angemessen wäre, beschloß er, das Buch wie jemand zu schreiben, der…mehr
Aus einer jahrelangen Lebens- und Schaffenskrise heraus, ausgelöst durch die Nachrichten über den Genozid an der europäischen Judenheit, begann Soma Morgenstern 1946 in New York, immer wieder neu ansetzend und immer wieder stockend, sein Totenbuch fürdie Opfer des Völkermordes zu schreiben. Mit der "Blutsäule" unternahm er den Versuch, das SS-Verbrechen an den jüdischen Einwohnern eines Städtchens am Fluß Sereth im einstigen Ostgalizien literarisch zu fassen. Auf der Suche nach einer Sprachform, die dieser schwierigen Aufgabe angemessen wäre, beschloß er, das Buch wie jemand zu schreiben, der in seinem Leben nichts anderes als die hebräische Bibel gelesen hat.
Soma Morgenstern wurde 1890 in einem ostgalizischen Dorf bei Tarnopol am Sereth geboren und wuchs mit zwei Brüdern und zwei Schwestern in dieser Gegend auf. Die Umgangssprachen Ostgaliziens waren Polnisch und Ukrainisch, in Morgensterns tiefgläubiger Familie wurde jiddisch gesprochen, der Vater sorgte schon vor der Schulzeit dafür, dass seine Kinder deutsch lernten. 1912 nahm Morgenstern das Jurastudium an der Wiener Universität auf. In dieser Zeit begann die Freundschaft mit Joseph Roth. Nach der Unterbrechung durch Kriegsdienst an der Ost- und Südostfront beendete Morgenstern sein Studium in Wien 1921 mit der Promotion. Ab 1927 arbeitete er für die 'Frankfurter Zeitung' als Kulturkorrespondent in Wien. Hier hatte er sich zuvor schon mit Alban Berg angefreundet. Bald heiratete er, und ein Sohn wurde geboren. Durch die Arier-Bestimmung des NS-Schriftleitergesetzes verlor Morgenstern seine Stelle bei der 'Frankfurter Zeitung'. Am Tage des 'Anschlusses' Österreichs an Nazideutschland flüchtete er nach Paris. Im Pariser Exil lebte Morgenstern in einem kleinen Hotel über ein Jahr lang gemeinsam mit Joseph Roth. Morgensterns lange vorbereitete Einreise in die USA verzögerte sich immer wieder durch die geltenden Quota-Regelungen. Bei Kriegsbeginn wurde er verhaftet und interniert, konnte aber nach Südfrankreich entkommen und sich schließlich nach New York retten. Nachdem er 1946 die amerikanische Staatsbürgerschaft erhalten hatte, konnten Frau und Sohn endlich aus Dänemark nachkommen. 1976 starb Soma Morgenstern in New York. Zu Klampen veröffentlichte von ihm: 'In einer anderen Zeit' (1995), 'Der Sohn des verlorenen Sohnes' (1996), 'Idyll im Exil' (1996), 'Das Vermächtnis des verlorenen Sohnes' (1996), 'Die Blutsäule' (1997), 'Flucht in Frankreich' (1998), 'Der Tod ist ein Flop' (1999), 'Dramen. Feuilletons. Fragmente' (2000), 'Kritiken. Berichte. Tagebücher' (2001), seine 'Werke in Einzelbänden' (2001), 'Joseph Roths Flucht und Ende' (2006) und 'Alban Berg und seine Idole' (2009).
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