Im Jahr 1985 befindet sich die DDR weiter in der Dauerkrise. Zwar hatten die Milliardenkredite aus der Bundesrepublik 1983 und 1984 den Staatsbankrott abgewendet, doch der Problemdruck ist weiterhin hoch: die miserable Versorgungslage, die marode Volkswirtschaft, wachsende Umweltprobleme und abertausende Menschen, die das Land verlassen wollen. All diese politischen Herausforderungen scheinen auch in den "geheimen Berichten" an die SED-Führung durch. Im Zentrum der Stasi-Berichterstattungen aber stehen weiter die evangelischen Kirchen sowie die Friedens-, Frauen- und Umweltinitiativen in der DDR. Weitere Themen des Jahres 1985 sind Fluchten, Probleme bei der Reichsbahn, verunsicherte Schriftsteller, der 40. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges und nicht zuletzt die Stimmung der Bevölkerung. Diese war stark von Unzufriedenheit und Resignation geprägt, doch mit dem neuen Machthaber im Kreml verbanden sich Hoffnungen auf Veränderungen, sein Name: Michail Gorbatschow.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Hermann Wentker erfährt aus den von Florian Schikowski bearbeiteten und kommentierten Stasi-Berichten über das Jahr 1985, was die Stasi beschäftigte. Die 194 ausgewählten Dokumente werfen Licht auf die Rolle der Kirche in der DDR und zeigen das gesteigerte Interesse der Stasi an Friedens- und Umweltgruppen. Dass die Schlapphüte sich um Wirtschaftliches und Krisen weniger scherten, erfährt Wentker ebenso. Dass die Ausreise- und Fluchtversuche immer zahlreicher wurden ist bekannt, gerne hätte Wentker die Zahl von 48.000 Menschen im Buch notiert gesehen, die die SED-Fühung im Jahr 1984 ausreisen ließ, um sich der Kritiker zu entledigen. Interessant ist für den Kritiker außerdem, dass die Stasi nicht alle ihre Ergebnisse an die Regierung weiterleitete, zum Beispiel die Berichte über die zunehmend negative Stimmung in der Bevölkerung. Die Edition findet er insgesamt gelungen und lehrreich.
© Perlentaucher Medien GmbH
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