Was für ein Buch, was für ein Lesererlebnis. Dieses Buch wird mit Sicherheit noch sehr lange in mir nachhallen.
"Die Dolmetscherin" erzählt die Geschichte von Asta. Asta ist eine junge Frau, die es schafft als Dolmetscherin die Prozesse von Nürnberg zu begleiten, in welchem die Verbrechen der 
 Nazis aufgearbeitet werden. Nicht nur sprachlich, auch persönlich stößt sie hierbei das ein oder andere…mehrWas für ein Buch, was für ein Lesererlebnis. Dieses Buch wird mit Sicherheit noch sehr lange in mir nachhallen.
"Die Dolmetscherin" erzählt die Geschichte von Asta. Asta ist eine junge Frau, die es schafft als Dolmetscherin die Prozesse von Nürnberg zu begleiten, in welchem die Verbrechen der Nazis aufgearbeitet werden. Nicht nur sprachlich, auch persönlich stößt sie hierbei das ein oder andere Mal an ihre Grenzen. Dabei wächst sie über sich hinaus und erlebt auch herbe Rückschläge. Während der Verhöre und des Prozesses trifft sie auch auf Hermann Göring. Eine Nazigröße, die abgebrühter nicht sein könnte. Aufgewühlt, emotional mitgenommen trifft sie auch auf Leo. Leo, der ihr sofort gefällt, aber auch ein Geheimnis zu haben scheint. Asta hofft, dass sie nicht dem Falschen ihr Vertrauen geschenkt hat.
Titus Müller nimmt uns mit in das dunkelste Kapitel unserer Geschichte. Unmittelbar nach Kriegsende 1945 angesiedelt, erzählt er von einem komplett zerstörten Nürnberg und einem Prozess, der die Kriegsverbrecher ihrer gerechten Strafe zuführen soll. Er nimmt uns mit in die dunkelsten Abgründe der Menschheit und lässt uns Dinge erleben, die so nie wieder passieren dürfen. Schonungslos wird die Vergangenheit in Form des Prozesses erzählt und aufgearbeitet. Hierbei bleibt er historischen Fakten treu und nimmt nur hin und wieder fiktive Änderungen vor. Dies macht die Geschichte extrem glaubwürdig, authentisch und berührend.
Die historische Genauigkeit ist einer der absoluten Pluspunkte dieser Geschichte. Ich habe so viel für mich selbst mitgenommen, gelernt oder mich an Dinge erinnert, die längst in Vergessenheit geraten sind. Und genau deshalb sind diese Geschichten so wichtig. Wir benötigen diese Erinnerungen um zu verhindern, dass sich Geschichte wiederholt. Wir benötigen den Schrecken ungeschönt und direkt vorgetragen, damit wir immer wieder daran erinnert werden, zu was für furchtbaren Dingen Menschen fähig waren. Am Endes des Buches löst der Autor auf, welche fiktiven Dinge er in die Geschichte eingebaut hat und welche echten Personen als Vorbild für seine Charaktere gedient haben. Umfangreicht gibt er nochmal eine geschichtliche Zusammenfassung, die ich für dieses Buch sehr wichtig und passend finde.
Mit Asta hat er eine starke weibliche Hauptperson geschaffen, die stellenweise sichtbar unter dem leidet, was sie erfährt. Besonders schön fand ich die Entwicklung, die sie im Verlauf der Geschichte durchmacht. Sie wächst nicht nur einmal über sich hinaus und hinterfragt ihre eigenen moralischen Grundsätze. Immer wieder kommen auch weitere Personen ins Spiel. Die meisten haben reale Vorbilder und werden genauso gezeichnet, wie sie auch in Wirklichkeit waren. Auch Aussagen, die die Personen in dem Buch tätigen entsprechen der Wahrheit und wurden genauso gesagt.
Elegant verwebt Titus Müller Fiktion mit Realität und dadurch, dass es die Charaktere wirklich gegeben hat, sind diese natürlich extrem authentisch. Vor allem über Hermann Göring erfahren wir in dieser Geschichte sehr viel. Dieser unfassbar schreckliche Mensch wird hier in all seinen Facetten gezeigt. Wusste ich vor diesem Buch nichts über ihn, so bin ich doch um einiges schlauer.
Neben der historischen Präzision schafft es Titus Müller auch ganz leise und zarte Momente in die Geschichte einzubauen. Er erzählt von kleinen Oasen der Hoffnung und das ist wirklich wunderbar gelungen. Ob ein kleine Blume, ein Kinderlachen oder der Zusammenhalt beim Wiederaufbau von Nürnberg. All dies sind kleine aber wunderschöne Lichtblicke die in die Geschichte einfließen und dieser dadurch bei all der Düsternis genau den richtigen Anteil an Hoffnung schenken. Genau diese leisen Moment sind es, die die Geschichte braucht und sie zu einer runden Sache macht.
Ich bin wirklich sehr froh, dass ich diese Geschichte lesen durfte. Mir persönlich hat sie so viel gebracht. Sie hat mich mitgenommen, sie war spannend, sie hat mich emotional leiden lassen. Sie hat mich an den verschiedensten Stellen schlucken lassen und auch nicht geschont, wenn es richtig weh tat. Sie hat mich lernen und nachdenken lassen und sie hat wieder einmal klar gestellt, dass sich diese Dinge niemals wiederholen dürfen. Nie, niemals.
Ein ganz tolles und wichtiges Buch. Ein super angenehmer Schreibstil, der das schwere Thema wunderbar transportiert und an genau den richtigen Stellen Leichtigkeit einbaut. Es wird definitiv nicht mein letztes Buch des Autors gewesen sein und ich freue mich auf alles, was da noch kommt.