An einem ihrer letzten Berliner Tage besteigt Gertrud Kolmar im Morgengrauen die Siegessäule, um zu springen, um Schluß zu machen, selbstbestimmt, wenn auch nicht aus freien Stücken - bevor sie von der Fabrikarbeit weggeholt und ins Vernichtungslager transportiert wird. Schließlich steigt sie wieder herunter. Sie hat beschlossen, durchzuhalten bis zum letzten Augenblick, und sei es nur, "um ein Dreck zu werden unter euren Stiefeln, Mörderbande, der euch noch tausend Jahr lang an den Sohlen kleben soll".
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Jean-Michel Berg liest den Text als "fiktiven Monolog" der Dichterin Gertrud Kolmar aus ihren letzten Lebensjahren. Allerdings möchte Berg von "Leben" lieber gar nicht sprechen, derart geprägt von Klage erscheinen ihm die von Gerlind Reinshagen verfassten freirhythmischen Verse. Dass Reinshagen bei ihrem Versuch der Annäherung an die Dichterin nicht deren "bisweilen pathetischen" Stil übernimmt, findet Berg ihrem Vorhaben angemessen, nicht das lyrische, sondern das private Ich Kolmars zu thematisieren. Die in diesem Buch vorherrschenden "stillen Töne" verdichten sich im Ohr des Rezensenten manchmal zu Augenblicken "höchster Beklemmung".
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Der schmale Band Die Frau und die Stadt ist ein Langgedicht, ein fiktiver Monolog Gertrud Kolmars aus einem ihrer letzten Lebensjahre. ... Nicht das lyrische, sondern das private Ich Kolmars soll zur Sprache kommen. So herrschen stille Töne vor, die zu Momenten höchster Beklemmung geraten.« Jean-Michel Berg Süddeutsche Zeitung







