"Wir sind alt, sehr alt. Es sind zum mindesten fünfundzwanzig Jahrhunderte, die wir auf den Schultern das Gewicht hervorragender, ganz verschiedenartiger Kulturen tragen", sagt der "Leopard" in Lampedusas berühmtem Roman. Um die rätselhafte, vielschichtige Mentalität der Italiener zu ergründen, begibt sich Corrado Augias ebenso charmant wie kurzweilig auf geheime Nebenwege der italienischen Geschichte. In einer höchst spannenden historischen Spurensuche legt Corrado Augias die Geheimnisse Italiens frei und erklärt, warum sich viele Italiener, zumal im Mezzogiorno, bis heute mit der Demokratie und der Freiheit so schwer tun. Er beschreibt scharfsichtig die Macht der Familien, das tiefe Misstrauen gegenüber dem Staat und die träge Schicksalsgläubigkeit vieler Italiener - den Nährboden, auf dem die Mafia und korrupte Politiker prächtig gedeihen. Auf seinem Weg vom Mittelalter bis heute und von Palermo bis Venedig versteht er es meisterhaft, von verschütteten historischen Episoden und vergessenen literarischen Monumenten aus die verborgenen Triebkräfte der italienischen Geschichte verständlich zu machen.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
In voller Größe steht der Italiener nach dieser Lektüre nicht vor Martin Mittelmeier. Das liegt daran, dass der Kulturjournalist und Romancier Corrado Augias seiner an sich hübschen und für den Leser durchaus profitablen subjektiven Perspektive nicht gänzlich vertraut, wie Mittelmeier feststellt. Gerade das "unordentliche", romaneske Erzählen im Buch jedoch hat es dem Rezensenten ganz besonders angetan. Wenn Augias etwa von Neapel und seinen "teuflischen" Bewohnern erzählt und zugleich deren Aufbegehren gegen die deutsche Besatzung einflicht, ist Mittelmeier begeistert. Ebenso wenn der Autor Anekdotisches und Soziologisches miteinander verwebt, um Stadt- und Ereignisgeschichte zu transportieren. Nicht auf der Höhe seiner Möglichkeiten ist das Buch für Mittelmeier immer dann, wenn Augias seinem sehr eigenen Zugriff nicht traut und stattdessen Bildung und Erläuterungen auffährt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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