Ende 1920er Jahre: Ein spanischer Tyrannentöter flieht als ukrainischer Kommunist in der Steppenlandschaft von Cherson vor mordlustigen Kurkulen. Ein italienisches Liebespaar in spe reist durch die Slobidische Schweiz und begegnet dort dem schlauen, mit Alkoholproblemen kämpfenden Bauer Schildkröt, dem für eine bessere Zukunft paukenden Studenten Perebyjnis und einem einstigen Holzfäller, der jetzt als guter Baumpflanzer mit zweifelhafter Biografie ein dürftiges Chalet auf den Höhen über dem Dinez bewohnt. Wird Leonardo Alceste für sich gewinnen können, und was hat es mit den ständigen Einlassungen des Erzählers auf sich? Magie und Realismus, Menschlichkeit und politisches Spiegelkabinett sowie höchste Erzählkunst verweben sich zu einer überaus hellsichtigen Vision einer in den Fängen der Geschichte des 20sten Jahrhunderts gefangenen Ukraine. Vor dem Hintergrund einer ins Absurde überhöhten Handlung verhandelt Johansen leichtfüßig und gedankenschwer höchst aktuelle Themen. Mitseiner kunstvollen Einwebung der ukrainischen Landschaft, Geschichte und Bevölkerung in einen gesamteuropäischen Kontext (!) verdeutlicht er die Eigenständigkeit der ukrainischen Tradition, deren Bezeugung heute dringlicher denn je erscheint.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensentin Christiane Pöhlmann genießt die ironische, unterhaltsame und kluge Erzählung des ukrainischen, 1973 erschossenen Schriftstellers Mike Johansen. Darin geht es, mit reichlich "Absurdität gewürzt", scheinbar um den "Tyrannentöter" Pereira und seine letzte Jagd in der Steppe, wo ein Sonnenstich für einige Wahrnehmungsverzerrungen in der Ich-Perspektive des Erzählers sorgt. Das Nachwort hingegen, verfasst vom selben Ich-Erzähler, gibt an, dass es dabei eigentlich um die Darstellung der Landschaft gehen soll, liest die Kritikerin - sie wiederum vermutet, dass sich hinter dieser Meta-Schichtung ein "Kommentar auf den 'Kamerad Proletariat'" verbirgt, in dem Johansen die Menschen zu Zeiten des politischen Umbruchs als bloße "Staffage" in den Hintergrund rücken lässt, wie Pöhlmann analysiert. Trotz dieser narrativen Komplexität, die auch immer wieder die Fiktion als solche kenntlich mache, handelt es sich für Pöhlmann aber um eine "vergnügliche" Lektüre. Auch die deutsche Übersetzung und die "sorgfältig" edierte Ausgabe lobt sie.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH







