"Zu anti-deutsch" sei Hanna Kiels Text, so das Argument, an dem die deutsche Veröffentlichung der "Schlacht um den Hügel" 1947 scheiterte. Die Schriftstellerin und Kunsthistorikerin Hanna Kiel schildert in ihrer "Chronik" jene Wochen im August 1944, als die Wehrmacht die nördlichen Hügel von Florenz besetzte, bis zur Befreiung durch Partisanen und Alliierte. Die Autorin berichtet als Augenzeugin, doch ihre Chronik ist weit mehr als ein bloßes Protokoll des Kriegsgeschehens. Hanna Kiel erinnert den Alltag eines Krieges, in dem es neben Gewalt und Tod auch menschliche Hilfe und Verständigung zwischen den eigentlich verfeindeten Seiten gab. Ihre Perspektive auf den Kriegsalltag in Italien ist einzigartig. Verfasst zwischen Ende 1945 und Anfang 1946, ist "Die Schlacht um den Hügel" ein eindrücklicher Bericht des Erlebten und zugleich ein literarischer Text, geprägt von bemerkenswerter Reflexion und Distanz.Die 1894 geborene Hanna Kiel hatte in München über Ludwig Tieck promoviert undwar Teil der intellektuellen Szene der 1920er Jahre - sie war u. a. mit Klaus und Erika Mann, mit Renée Sintenis und mit Annemarie Schwarzenbach befreundet und arbeitete für den Verleger Kurt Wolff, vor allem für die Zeitschrift "Genius". 1935 veröffentlichte sie eine Monografie zu Renée Sintenis sowie mehrere Erzählungen und Romane. Die von ihr anvisierte Emigration in die Vereinigten Staaten gelang nicht, doch 1939 bot sich ihr die Möglichkeit zu einem Forschungsaufenthalt in Florenz, wohin sie im selben Jahr übersiedelte. 1944 erlebte sie dort die Besatzung und Befreiung der Region. Nach dem Krieg wirkte sie bis zu ihrem Tod am Kunsthistorischen Institut Florenz und in der Villa I Tatti als Übersetzerin und Kunsthistorikerin. Sie übersetzte zahlreiche wichtige kunsthistorische Werke und berichtete in den 1950er und 1960er Jahren in deutschsprachigen Zeitschriften über Ausstellungen in Italien. Daneben war sie als Literaturvermittlerin tätig und gab 1962 den Band "Italien erzählt" heraus. Nach Deutschland kehrte sie nicht mehr zurück. Sie starb 1988 in Florenz im Alter von 94 Jahren.
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Die Lektüre dieses Buches ist kurz, die Zeit, von der es erzählt auch, doch "der Weg", den man als Leserin damit zurücklegt, ist ein sehr weiter, stellt Rezensentin Katharina Döbler fest. Er führt zu einem Punkt, von dem aus man anders, "schärfer und emotionaler" schaut - nicht nur auf die Vergangenheit Europas, sondern auch auf die Kriege der Gegenwart, so Döbler. Entstanden ist "Schlacht um den Hügel" kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, aus den Aufzeichnungen von Hanna Kiel, einer Deutschen, die damals in der Nähe von Florenz lebte und beobachtete: Beobachtete, wie Italienerinnen und Italiener von der deutschen Besatzung zur Arbeit gezwungen wurden, wie Menschen auf Verdacht erschossen wurden, wie Hunderte in Keller gepfercht lebten, und schließlich, wie die Wehrmacht und Alliierte um Florenz kämpften. Das alles, dies ganze Grauen, hielt Kiel fest, in einer präzisen, nüchternen Sprache, die uns die Ereignisse in aller Klarheit und Schärfe vor Augen führt. Ein tief erschütterndes Buch, welches 2024 das erste mal auf Deutsch erscheint, so die Rezensentin.
© Perlentaucher Medien GmbH
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