Idyllisch eingebettet in die Alpen liegt zwischen den schweizerischen Kantonen Tessin und Wallis das italienische Ossolatal. 1944 vertreiben die Partisanen hier nach harten Kämpfen vorübergehend die deutsche Wehrmacht und ihre faschistischen Handlanger. Gino Vermicelli, damals selbst aktiver Widerstandskämpfer, schildert in seinem autobiographisch gefärbten Roman die entscheidenden Etappen dieses Krieges im Krieg. Antiautoritär und antimilitaristisch geleiten Politkommissar Simon und Kommandant Emilio ihre Leute durch spannungsgeladene, hoffnungsvolle, aber auch tragische Monate, in denen die gesellschaftlichen und politischen Grundlagen für das Nachkriegsitalien gelegt werden. Die Dialoge der beiden Protagonisten - der eine Kommunist, der andere Katholik - tragen das Buch. Bar jeder Soldatenromantik philosophieren sie über Sinn und Unsinn ihres Tuns, über das Wesen des Menschen sowie über ihre Träume und Hoffnungen für die Zukunft. 50 Jahre nach Kriegsende verfasst, hebt Die unsichtbaren Dörfer Aspekte wie die Rolle der Frauen im Widerstand, den Umgang mit Sexualität und die übersteigerten Erwartungen an die Zeit nach dem Faschismus schärfer hervor, als dies ein zeitgenössischer Bericht vermocht hätte. Dies macht den Roman ebenso historisch wie aktuell.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Für Rezensentin Christiane Pöhlmann unterliegt Gino Vermicellis Roman zum Partisanenalltag klar Beppe Fenoglios "Eine Privatsache" und Italo Calvinos "Wo Spinnen ihre Nester bauen", den einschlägigen Werken zur italienischen Resistenza. Denn wie Vermicelli vom Sozialisten Simon erzählt, in Form von Schilderungen langer Märsche und großen Reden des Protagonisten, eine historische Einbettung in wichtige Ereignisse vor 1944 wie den ersten Partisanenaufstand oder den Sturz Mussolinis weitgehend aussparend, zieht sich doch sehr, meint die Kritikerin. Nicht nur Simons ausschweifende "Belehrungen" fallen dabei im Tonfall des Romans dröge aus, sondern sogar interessante Gedanken, wie Pöhlmann irritiert feststellen muss. Dazu würden die Partisanen durchweg glorifiziert und die "Lehren" des Romans "akkurat vorgekaut". Selten hat ein Roman so "töricht" seinen Stoff verschenkt, hält Pöhlmann fest.
© Perlentaucher Medien GmbH
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