Zwei Interpretationen der gegenwärtigen Welt stehen heute im Vordergrund: die Vorstellung vom Ende der Geschichte - also der Homogenisierung der modernen Gesellschaften unter den Vorzeichen von liberaler Demokratie und Marktwirtschaft -und die Prognose vom Kampf der Kulturen. Nach Eisenstadt haben beide Deutungen unrecht. Seine Generaldiagnose lautet vielmehr, daß wir heute die oftmals konfliktreiche Entwicklung mehrerer Arten der Moderne beobachten.Fast überall weisen die verschiedenen institutionellen Sphären - Wirtschaft, Politik, Familie - voneinander relativ unabhängige Merkmale auf, die in verschiedenen Gesellschaften und Entwicklungsperioden jeweils unterschiedlich kombiniert werden. Wir können nicht mehr annehmen, daß sich sämtliche Züge der westeuropäischen Moderne ganz natürlich in allen übrigen Zivilisationen durchsetzen werden. Eisenstadts Interesse richtet sich deshalb auf die Vielfalt, den ständigen Wandel und die Kombinationsmöglichkeiten der verschiedenen Dimensionen der Moderne. Zu welch paradoxen Verbindungen es dabei kommen kann, lehrt ein Blick auf die modernen fundamentalistischen Bewegungen.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Leonhard Neidhart ist äußerst angetan von der Studie über Entwicklung und unterschiedliche Ausprägungen moderner Zivilisationen. Der Autor wende sich gegen "klassische Modernisierungstheorien", kritisiere aber genauso neuere Ansätze wie die von Fukuyama und Huntington. Das Hauptanliegen Eisenstadts sieht der Rezensent in der Abkehr von der "Konvergenzannahme" gegen die sich Eisenstadt mit seiner These von der "Vielfalt" und Unterschiedlichkeit moderner Gesellschaftsentwicklungen wendet, wobei er sich exemplarisch mit den USA, Japan und Europa beschäftigt. Der Rezensent preist die gute Lesbarkeit der "komplexen und aktuelle" Untersuchung, die aus einem 1997 an der Universität Heidelberg gehaltenen Gastvortrag hervorgegangen ist und hebt die "vorzügliche" Übersetzung hervor. Er lobt den Verzicht auf unverständlichen Fachjargon mit dem Eisenstadt seine "theoretisch und empirisch fundierten" Überlegungen darlegt und betont nachdrücklich den "Reifegrad" dieser Studie.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH







