Nach der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Villa in Deutschland zum Inbegriff des idealen bürgerlichen Wohnhauses. War die Villa in der Antike ein Ort naturnahen, ländlichen Lebensstils außerhalb der Stadt, so erhielt der Haustyp jetzt eine neue Bedeutung und eine neue Gestalt. Erst jetzt kam der Terminus "Villa" auch in Deutschland zur Anwendung. In den Leipziger Villen des 19. Jahrhunderts verschmolz der Landsitz mit dem innerstädtischen Wohnhaus. Die Villa ist ein Produkt der industriellen Entwicklung des Kapitalismus und findet ihre vielgestaltige Ausprägung in der Architektur des Wilhelminischen Kaiserreichs. Die wohlhabenden bürgerlichen Familien verließen die Enge der alten Städte, die nun zu Geschäftszentren wurden, um sich in landschaftlich reizvollen Bereichen der Stadt anzusiedeln.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Einen anregenden Spaziergang durch das Leipziger Villen- und Industriellenviertel unternimmt Rezensent Andreas Platthaus mit diesem Bildband. Zusammengestellt wurde er von Wolfgang Hocquél und Richard Hüttel, beide in Leipzig ansässige Kunsthistoriker und sie widmen sich hier insbesondere Villen, die im zahlreiche Einflüsse aus der Architekturgeschichte aufgreifenden Stil des Historismus erbaut wurden. Toll, dass diese Gebäude in Leipzig mehrheitlich überlebt haben und inzwischen auch restauriert wurden, freut sich Platthaus, der sich allerdings eine professionellere Bildqualität gewünscht hätte, die die Häuser ohne störende Elemente wie Passanten präsentiert. Ansonsten ist das aber, stellt der Rezensent klar, ein liebevoll gemachter Band, der glücklicherweise auch ein bisschen über Leipzig und den Historismus hinausschaut, etwa, wenn Gebäude in Grimma sowie Art-déco-Bauelemente in den Blick genommen werden. Architekturliebhaber kommen auf ihre Kosten, so der Tenor der Rezension.
© Perlentaucher Medien GmbH
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