'Auf Charms zu bestehen', schreibt Peter Urban, 'ist nicht nur Herzenssache, sondern Notwendigkeit, denn es ist beileibe noch nicht entschieden, ob Charms nur als Klassiker des russischen absurden Humors anzusehen sei, oder ob er nicht auch und zugleich einer der eigentlichen und wahrsten Realisten seiner Zeit war.'Die Wanne des Archimedes bietet erstmals eine umfassende Auswahl der Charms'schen Gedichte und spannt einen Bogen von der frühen Laut- und Nonsens-Poesie zu den großen dramatischen Erzählgedichten, von den verspielt philosophierenden bis hin zu den späteren, intimen Gedichten. Wenn…mehr
'Auf Charms zu bestehen', schreibt Peter Urban, 'ist nicht nur Herzenssache, sondern Notwendigkeit, denn es ist beileibe noch nicht entschieden, ob Charms nur als Klassiker des russischen absurden Humors anzusehen sei, oder ob er nicht auch und zugleich einer der eigentlichen und wahrsten Realisten seiner Zeit war.'Die Wanne des Archimedes bietet erstmals eine umfassende Auswahl der Charms'schen Gedichte und spannt einen Bogen von der frühen Laut- und Nonsens-Poesie zu den großen dramatischen Erzählgedichten, von den verspielt philosophierenden bis hin zu den späteren, intimen Gedichten. Wenn Sprachlust, Komik und Schrecken grotesk in eins fallen, geben diese Gedichte den Blick auf die Realität frei, werden die Ängste, Nöte und Träume des Autors und seiner Zeit sichtbar. Der zum Teil zweisprachige Gedichtband ist sorgfältig kommentiert und mit einem Nachwort versehen.
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Autorenporträt
Daniil Ivanovic Charms (bürgerlich Juvacev), geb. 1905 in St. Petersburg, starb 1942 während der Blockade im Gefängnis in Leningrad. 1927 gründete er mit seinen Freunden, unter anderen den Dichtern Konstantin Vaginov und Aleksander Vvedenskij, in Leningrad die Avantgarde-Gruppe "Oberiu" (Vereinigung der Realen Kunst), die 1930 verboten wurde.
Peter Urban, geboren 1941 in Berlin, studierte Slavistik, Germanistik und Geschichte in Würzburg und Belgrad, war Verlagslektor bei Suhrkamp, Hörspieldramaturg beim WDR und ist Lektor im Verlag der Autoren in Frankfurt; er übersetzte u.a. Werke von Gorkij, Ostrovskij, Daniil Charms, Kazakov, Chlebnikov und das gesamte dramatische Werk von Anton Cechov. Für seine Neuedition und -übersetzung der Cechov-Briefe wurde ihm der Helmut-M.-Braem-Übersetzerpreis zuerkannt. Peter Urban verstarb 2013.
Rezensionen
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Diese unfangreiche Gedichtauswahl führt aus Sicht von Rezensent Felix Philipp Ingold erstmals Daniil Charms "Wortkunst in all ihren Registern" deutschen Leseraugen vor. Wortkunst, die aus Sicht des Rezensenten auf virtuose Weise dem totalitären sowjetischen Herrschaftsdiskurs Paroli geboten hat. Ingold führt detailliert in Motiv- und Formenwelt dieses Autors ein, der 1942 in einem stalinistischen Gefängnis gestorben ist. Thematisch und stimmungstechnisch findet er Charms? Lyrik seiner Kurzprosa oft recht verwandt. Es gehe um "Faulheit, Geilheit, Dummheit" und "grob typisierte sowjetische Normalverbraucher", also um Banalität und Sinnlosigkeit des Lebens an sich. Dabei schildere dieser bedeutende Autor das Schreiben immer wieder als "Widerstands- und Überlebensgeste" und konterkariere Pathos und Bombast des sowjetischen Terrorsystems mit "minimalistisch eingesetzten" formalen Mitteln. Bestnoten vergibt Ingold auch an Peter Urbans rhythmische Übersetzung.