Der Fotograf Christian Schulz kam 1981 von Itzehoe nach Berlin und erlebte hier als Zwanzigjähriger die wilden Achtziger. Das Fotografieren hatte er sich kurz zuvor selbst beigebracht. Nun war er in der „Frontstadt“ unterwegs und hielt sie und ihre Menschen in realistischen Fotos fest. Und das
natürlich in klassischem Schwarz-Weiß, das Schulz bewusst wählte, um einen Kontrast zu der bunten und…mehrDer Fotograf Christian Schulz kam 1981 von Itzehoe nach Berlin und erlebte hier als Zwanzigjähriger die wilden Achtziger. Das Fotografieren hatte er sich kurz zuvor selbst beigebracht. Nun war er in der „Frontstadt“ unterwegs und hielt sie und ihre Menschen in realistischen Fotos fest. Und das natürlich in klassischem Schwarz-Weiß, das Schulz bewusst wählte, um einen Kontrast zu der bunten und grellen Konsumwelt und Pop-Kultur zu schaffen.
Im Lehmstedt Verlag ist jetzt ein umfangreicher Bildband mit einer repräsentativen Auswahl dieser Schwarz-Weiß-Fotos erschienen. Es sind Aufnahmen einer „Übergangsgesellschaft“, wie Arno Widmann in seinem Vorwort schreibt. West-Berlin war ein Mauerkind und dieses Konglomerat hat Schulz eingefangen. Nicht die offizielle, politische oder touristische Stadt sondern die Menschen auf der Straße, in den Kneipen, in der S-Bahn oder in den Parkanlagen. Ob beim Catch Cup im Tempodrom, bei einer türkischen Hochzeit in Kreuzberg oder bei einer Demonstration gegen das Vermummungsverbot - Schulz hat davon bewegende Bilder geschossen. Überhaupt waren diese „wilden Achtziger“ ein Jahrzehnt der Proteste und Demonstrationen - von der Antikriegsdemonstration über die Hausbesetzerszene bis zum Christopher Street Day - der Fotograf war als Chronist stets nahe am Geschehen.
Aber auch Prominenz hat Schulz im Bild festgehalten – so auf der Berlinale Jane Birkin und Johnny Depp, oder Joseph Beuys bei einer Diskussion oder Mick Jagger auf der Waldbühne. Dies sind jedoch keine Starporträts sondern Momentaufnahmen der Künstler. Einige der letzten Fotos des Bildbandes sind dem Abend des 9. November 1989 und der Wiedervereinigungsfeier am Brandenburger Tor am 3. Oktober 1990 gewidmet, wo Schulz natürlich auch mit der Kamera unterwegs war. Die 160 Seiten sind eine einzigartige Bild-Dokumentation der Achtziger in Westberlin. Als willkommene Ergänzung erschien im Lehmstedt Verlag gleichzeitig der Bildband „Goodbye Ostberlin. Fotografien 1986-1989“ des ostdeutschen Fotografen Harald Hauswald. Beide Bände zeigen gewissermaßen Bilder aus zwei unterschiedlichen Städten namens Berlin.