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"Mit sieben Jahren schwor ich, niemals zu lieben. Mit achtzehn tat ich es trotzdem. Es war genauso schlimm, wie ich befürchtet hatte. Es war demütigend, schmerzhaft und völlig außerhalb meiner Kontrolle." Nichts ist so tragisch wie das Leben - außer der Liebe. Selten hat die deutsche Literatur eine Autorin hervorgebracht, die darüber so unbarmherzig und zugleich so unwiderstehlich komisch erzählen kann.

Produktbeschreibung
"Mit sieben Jahren schwor ich, niemals zu lieben. Mit achtzehn tat ich es trotzdem. Es war genauso schlimm, wie ich befürchtet hatte. Es war demütigend, schmerzhaft und völlig außerhalb meiner Kontrolle."
Nichts ist so tragisch wie das Leben - außer der Liebe. Selten hat die deutsche Literatur eine Autorin hervorgebracht, die darüber so unbarmherzig und zugleich so unwiderstehlich komisch erzählen kann.

Autorenporträt
Karen Duve, geb. 1961in Hamburg, lebt mit einem Maultier, einem Pferd, einem Esel, zwei Katzen und zwei Hühnern auf dem Lande in der Märkischen Schweiz. Sie wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.10.2002

Das Leben ist eine Personenwaage
Vergebene Chancen: Karen Duve klebt heißes Pech am Damenschuh / Von Volker Weidermann

Herrlich, in England ein Verlierer zu sein. England liebt seine Niederlagenverschulder wie andere Länder ihre Sieger. Man muß gar nicht an den desaströsen Skihüpfer Eddi the Eagle zurückerinnern, der Ende der achtziger Jahre durch seine beharrlich herausgeflogenen letzten Plätze bei allen Skiflugveranstaltungen der Welt zum großen Liebling seiner Nation wurde. Und der erst durch die Einführung einer Mindestflugweite von verliererfeindlichen Sportfunktionären gewaltsam aus den Wettbewerben gedrängt werden mußte. Auch David Seaman, der Torhüter der englischen Fußball-Nationalmannschaft, wurde zum begeistert massengetrösteten tragischen Helden, als er in diesem Sommer das WM-Aus seiner Elf gegen Brasilien durch das Passierenlassen eines lächerlichen Lupfballes ganz allein verschuldet hatte. Glück - das haben die Deutschen. Pech zeichnet den sportlichen Engländer aus und die Größe, dies stolz zu tragen.

Auch Gareth Southgate ist ein solcher großer Verlierer. Er schoß im Halbfinale der Europameisterschaft von 1996, als ein ganzes Land sich darauf freute, daß der Fußball endlich im Triumph nach Hause kommen würde, im Londoner Wembley-Stadion den entscheidenden Elfmeter gegen Deutschland. Hunderttausend Zuschauer im Stadion, vielleicht eine Milliarde an den Bildschirmen zu Hause, und Southgate - verschießt. Was fühlt Southgate jetzt? "Southgate fühlt nichts. Noch fühlt Southgate nichts. Erst sickert langsam die Verzweiflung in ihn ein, mechanisch murmelt er etwas, das vermutlich Scheiße heißt, und er begreift, daß er der unglücklichste Mensch auf der ganzen Welt ist und selbst seine Mutter sich von ihm abkehren wird."

Das vermutet Karen Duve in ihrem neuen Roman "Dies ist kein Liebeslied". Die Protagonistin dieses Romans hat soeben das Versagen Southgates in einem Londoner Pub inmitten unendlich glücksbereiter englischer Fanmassen miterlebt, versucht nun um alles in der Welt, sich nicht als Deutsche zu erkennen zu geben, und macht sich über das Seelenleben Southgates ihre Gedanken: "Wie viele Jahre Psychotherapie braucht man, bis man einen solchen Fehlschuß verwunden hat?" Eine unendliche Zahl vermutlich. Zumindest sie, Anne Strelau, würde eine unendliche Zeit damit verbringen. Zum Glück schießt sie keine Elfmeter. Es würde aber auch keinen großen Unterschied machen, da sie ohnehin viel Zeit beim Psychiater verbringt. Denn Anne Strelau ist eine unglückliche Frau, die unglückliche Heldin des neuen Unglücksromans von Karen Duve.

Duve hatte vor dreieinhalb Jahren mit ihrem "Regenroman" einen außerordentlich großen Erstlingserfolg und wurde in die schauerliche Fräuleinwunder-Riege der jüngsten deutschen Damenliteratur aufgenommen. Da paßte sie schon damals nicht hinein, da ihr "Regenroman" die Vernichtungsphantasien eines gewaltbereiten Nicht-Liebespaares im Moor gar nicht fräuleinhaft ausphantasierte. Mit unzähligen literaturhistorischen Anspielungen und einer ironisch immer wieder herbeizitierten romantischen Todessehnsucht hatte Duve gleich mit ihrem Erstling ein brillantes, mitleidloses Untergangsepos des zu Ende gehenden Jahrhunderts geschrieben.

Jetzt ist endlich ihr zweiter Roman erschienen. Und er weiß von Unglück, Niedergang und Einsamkeit soviel wie sein Vorgänger. Die verzweifelte Person im Zentrum des Buches will nicht auf der Welt sein. Vom Vater mißachtet, von der unseligen Mutter hilflos geliebt, ist das Leben der Anne Strelau von Anfang an mißraten. Häßlich, unsportlich und allein, beginnt sie schon mit zehn Jahren ihre erste Diät. "Der wichtigste Moment im Leben eines Mädchens", schreibt Duve. "Jedenfalls bedeutender als das maßlos überschätzte Ereignis der Entjungferung. Eine Art Initiationsritus, nur daß du nicht als fertige Frau daraus hervorgehst, sondern immer wieder von vorn anfangen mußt. Du bist elf oder zwölf, und vielleicht bist du auch erst zehn, wenn du begreifst, daß du so, wie du bist, auf keinen Fall bleiben kannst. Fortan wirst du versuchen, anders zu sein, und zwar besser - also weniger."

So wird es weitergehen. Das Leben - ein mißlungener Abmagerungsprozeß, die Lebensstationen werden durch immer neue Rekordgewichte wie Wasserstandsmeldungen markiert. Anne ist fett. Anne gehört nicht dazu. Anne wird nicht geliebt. Die ganze Anne Strelau ist ein großer Fehler. "Ich hatte die falsche Figur und die falschen Jeans, ich lachte falsch und sagte die falschen Sachen, selbst das Fahrrad, das mir gehörte, war kein richtiges Fahrrad, sondern ein Klapprad."

Das Leben ist ein Pechzusammenhang. Die Welt ist falsch eingerichtet, das Glück ungerecht verteilt. Diese Weisheiten aus dem Leben der Schmerzensfrau als Bulimikerin werden auf den 280 Seiten wieder und wieder variiert. Die Welt verändert sich, aber das Unglück bleibt. Auf den großartigen ersten anderthalb Seiten des Buches hat Karen Duve das Dilemma, das dann folgen soll und das das Haupt-Dilemma dieses Romans ist, schon präzise beschrieben. In kaum mehr als fünfzig Zeilen läßt sie die Essenz des Erwachsenwerdens in den achtziger und neunziger Jahren an dem Leser vorüberrauschen. Doch für die Heldin der kommenden Seiten gilt: "Was auch immer um mich herum geschah, nie hatte ich das Gefühl, irgend etwas davon hätte mit mir zu tun."

Sondern nur ihr Seelenleben, ihr Unglück, ihre Einsamkeit und ihr Selbstmitleid haben mit ihr zu tun. Die Außenwelt ist eine Schemenwelt, feindlich, männlich, böse. Anne Strelau tritt immer wieder nur in den mißlungensten Sex-Abenteuern mit ihr in Kontakt. Sonst leidet sie still, versucht die Welt zu verstehen, sich den Menschen anzupassen und bleibt doch allen völlig fremd. Unglücklich, todessehnsüchtig und allein waren auch schon die Helden des "Regenromans", doch diese lebten ihr Lebensunglück immerhin noch in lächerlichen Abenteuern aus. Anne Strelau ist mit ihrem Riesenunglück allein. Und findet ein schrecklich konventionelles Mädchenglück auf dem Rücken eines galoppierenden Ponys, in einer Disco namens Sitrone, in der sie sich dem einsamen Musikrausch hingibt, und - nicht so konventionell - bei der Eröffnung eines Hospitals für Frösche, die der neue Elektrorasenmäher des Nachbarn verstümmelt hat. Ein Froschspital, das Anne gemeinsam mit ihrem würgefreudigen Freund Axel, genannt "Tellerauge", in einem der wenigen schönen Momente ihres Lebens eröffnet.

Anne Strelau ist eine traurige Lebensverliererin und wird es bleiben. Der Roman ist kein Roman, sondern eine entwicklungslose Leidensgeschichte, eine Selbstmitleidsgeschichte, der selbst Duves böser Blick von einst verlorengegangen ist. Leidverbissen, hoffnungslos. Solche Verlierer mögen selbst die verliererliebenden Engländer nicht. Solche, die nicht mehr aufstehen, Weiterleider: "Psycho" haben sie Stuart Pearce genannt. Den Mann, der im WM-Halbfinale 1990 den entscheidenden Elfmeter gegen Deutschland verschoß. "Psycho", wegen seiner manisch-humorlosen Art. Er hat dieses Elfmeterversagen nie vergessen. Und zwölf Jahre später, im letzten Spiel seiner Profikarriere, es ging um nichts mehr, sein Verein Manchester City war längst sicher aufgestiegen, da gibt es in der letzten Minute Elfmeter. Die letzte Minute seiner Karriere. Alle sagen: Pearce muß es machen. Der Keeper, der weiß, was dieser Schuß für ihn bedeutet, sagt zu ihm: "Mach ihn rein. Ich bewege mich nicht." Es wäre das hundertste Tor in seiner Karriere. Das letzte. Und das wichtigste. Der Keeper bleibt stehen, Pearce läuft an und schießt - über das Tor. Er hat es nicht geschafft. Er hat sich zu sehr in sein Unglück verbissen. Für Fußballer gibt es nichts Schlimmeres. Und manchmal für Romanschriftsteller auch.

Karen Duve: "Dies ist kein Liebeslied". Roman. Eichborn Verlag, Berlin 2002. 280 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Als "entwicklungslose Leidensgeschichte" beschreibt ein enttäuschter Rezensent Volker Weidermann diesen Roman. Karen Duve sei hier der böse Blick ihres hochgelobten Erstlings abhanden gekommen. Die junge Heldin wirkt auf den Rezensenten leicht "leidverbissen". Sie ist diätversessen, lesen wir, ihr Leben ein einziger Abmagerungsprozess. Doch die Weisheiten aus dem Leben einer Bulimikerin, die der Rezensent auf 280 Seiten "wieder und wieder variiert" findet, haben ihn sichtlich ermüdet. Besonders nach den "großartigen ersten anderthalb Seiten des Buches" findet er das mehr als bedauerlich.

© Perlentaucher Medien GmbH
Nichts ist so tragisch wie die Liebe - außer der Liebe
"Eines Tages, genauer gesagt am Donnerstag, den 20. Juni 1996, beschloss ich, dass die Sache eine Ende haben müsste,... Und ich ging in ein Reisebüro und kaufte mir einen Flugschein nach London, wie sich andere Leute einen Strick kaufen."
Anne fliegt nach London, um ihre Jugendliebe wiederzusehen, den einzigen Mann, den sie jemals wirklich geliebt hatte. Leider war diese Liebe über all die Jahre nicht erwidert worden. Wie hätte Peter Hemstedt sich auch in Anna verlieben sollen? Anne hatte sich selbst seit ihrer Kindheit immer für minderwertig, hässlich und v.a. viel zu fett gehalten, obwohl sie höchstwahrscheinlich völlig normal war. Inzwischen bringt sie allerdings tatsächlich weit über 200 Pfund auf die Waage. Doch obgleich Anne befürchten muss, von Peter Hemstedt zurückgewiesen zu werden, setzt sie alles auf eine Karte. Zum ersten Mal in ihrem Leben will sie etwas wagen; es ist ihre letzte Chance, so glaubt sie zumindest. Natürlich fragt man sich spätestens jetzt, wie aus diesem einst eigentlich normalen Mädchen eine aufgequollenen Frau ohne jegliches Selbstbewusstsein werden konnte? Auf ihrem Flug nach London hat Anne genügend Zeit um über ihre Lebensgeschichte nachzudenken.
Annes Kindheit
Begonnen hatte alles mit einer verfehlten Kindheit in einer ganz und gar nicht liebenswerten Kleinbürgerfamilie, mit einer liebesunfähigen Mutter und einem depressiven Vater und ihrem ersten Freund Axel. Obwohl Axel wohl ihr erster wahrer und vielleicht einziger Freund war, kündigt sie ihm die Freundschaft, um wenigstens einmal von ihren Eltern und Geschwistern als gleichwertiges Familienmitglied anerkannt zu werden. Doch gedankt wird ihr dieses Opfer, dass sie ausschließlich für die Familie gebracht hatte, nicht im geringsten.
Annes Weg ins Erwachsenenleben
Aber auch die Jahre als Teenager sollen sich für Anne nicht im geringsten glücklicher erweisen. Traumatische Demütigungen im Sportunterricht, die Schrecken der ersten - eigentlich völlig unnötigen - Abmagerungskuren, die ersten Liebesversuche verstärken ihre unerkannte Depression. Nach ihrem Schulabschluss hält sie sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Ihre Sehnsucht nach Liebe versucht sie durch ständig wechselnde Männerbekanntschaften zu kompensieren, natürlich erfolglos. Als sie ganz und gar abzustürzen droht, beginnt sie eine Therapie, bei der sie nicht nur Axel wiedertrifft, sondern auch endlich das volle Ausmaß ihres Elends sieht. Ein Rezept zu dessen Heilung bekommt sie allerdings nicht an die Hand. In ihrer abgrundtiefen Verzweiflung fasst sie den Entschluss, nach London zu fliegen...
Ein Roman über Selbsthass und Selbstachtung
Karen Duve erzählt das Drama einer Frau, die liebt, aber nicht wiedergeliebt wird. Anne sehnt sich nach Liebe, die sie aber schon als Kind von den Eltern nicht bekommen kann. Mehr und mehr verrennt sie sich in der Idee, zu dick zu sein und schließlich wird sie das auch. In diesem Teufelskreis zwischen Selbsthass und Vereinsamung bemerkt sie erst viel zu spät, dass ohne Selbstachtung kein normales Leben möglich ist.
Trotz der sehr tragischen Thematik präsentiert Karin Duve dem Leser einen wunderbar erzählten, absolut kurzweiligen, sogar sehr humorvollen Roman.
(Wibke Garbarukow)

"Vom Leben hat Karen Duve offenbar mehr gesehen als Kindergarten und Love Parade." (Die Zeit)

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