Asta Arnold ist nach 22 Jahren im Dienst internationaler Hilfsorganisationen am Münchner Flughafen gestrandet. Sie ist aus Nicaragua gekommen, wo sie zuletzt in einem Krankenhaus gearbeitet hat, aber von ihren Kollegen weggemobbt und in Rente geschickt wurde. Eigentlich wollte sie gar nicht zurück nach Deutschland, der Beruf hat ihr alles bedeutet. Geradezu süchtig ist sie danach gewesen, anderen zu helfen. Aber weil sich ihre Fehlleistungen häuften, hat man ihr ein One-Way-Ticket geschenkt. Sie müsste zurück nach Berlin, aber das von den Kollegen gesammelte Geld hat nur für den Flug nach München gereicht. Jetzt steht sie neben einer Drehtür im Flughafengebäude und weiß nicht mehr weiter. Auch ihr Koffer ist nicht mitgekommen, und so bleibt ihr nichts anderes übrig, als die im Duty-Free-Shop billig erworbenen Zigaretten zu rauchen und nachzudenken: Wer könnte sie, die ausgemusterte Krankenschwester, jetzt noch brauchen? Während Asta über sich nachdenkt, beobachtet sie ihre Umgebung und glaubt bald, Menschen wiederzuerkennen, denen sie im Laufe ihres Lebens begegnet ist: den Koch der nordkoreanischen Botschaft, der eines Abends mit geschwollener Wange in einem Berliner Hauseingang hockte, und vielleicht ihre einzige wirkliche Liebe war. Ihre Kollegin Tamara, die ein glühender Fan der sozialistischen Revolutionärin Tamara Bunke war. Ihren Exfreund Kurt, mit dem sie turbulente Wochen in einer tunesischen Ferienanlage verbrachte. Einen amerikanischen Schauspieler, der einen Nazi-Arzt darstellte. Astas Alltags- und Menschenbeobachtungen der Münchner Flughafenwelt fließen mit den Bildern ihrer Erinnerung und Phantasie ineinander. Mit jeder Zigarette taucht sie tiefer in ihre Vergangenheit ein - und mit jeder Episode variiert Katja Lange-Müller ein höchst aktuelles und existenzielles Thema: das Helfen und seine Risiken. Denn ihre Helferin Asta kann sich selbst nicht mehr helfen.
Das Motiv des Helfens verbinde die "lose aneinander gehäkelten Prosastücke", schreibt Sabine Vogel. Die Rezensentin erinnert daran, dass Lange-Müller selbst ein prägendes Erlebnis als Hilfskrankenschwester hatte, als eine Patientin starb und die Autorin sich daraufhin betrank und mit dem Schreiben begann. Mindestens melancholisch scheinen auch die Episoden in "Drehtür" zu sein, schließlich misslingt das Helfen hier nach Vogels Ansicht in den meisten Fällen. Lange-Müller erzähle mit viel Sarkasmus von ihren Antihelden, doch komisch sei das höchstens auf den ersten Blick. In Wahrheit seien ihre Figuren "bis zum Gefrierbrand desillusioniert". Zugleich, so Vogel, blieben die Gedanken übers Helfen unscheinbar und wenig konturiert, vielmehr gehe es Lange-Müller in ihrem Buch "um das Erzählen als Überlebensstrategie".
© Perlentaucher Medien GmbH
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