Gibt es für das Betreten und unser Leben in der Intim-Landschaft zwischen Mann und Frau Regeln? Es gibt die Gesetze jenes Mannes, der mit zwei Schrifttafeln beladen vom Berg Sinai zu seinem Volk herunterstieg, um ihm mit dem Imperativ "Du sollst nicht..." die Regeln zu geben. Navid Kermani tritt in diese Landschaft ein, und was er uns von seinen Begehungen und Wanderungen durch die Täler und auf die Höhen dieser Topographie erzählt, ist nichts weniger als ein erotisches Itinerarium, ein Stationenverzeichnis des an Konflikten und Reibungspunkten reichen Zusammenlebens von Mann und Frau. Sein Imperativ "Du sollst" setzt die biblischen Gesetze nicht außer Kraft, nein, er behauptet ihre Gültigkeit, indem er auf das Verhalten, die Ängste und Sündenfälle zwischen zwei heute Liebenden blickt - und solchen, die sich einmal geliebt haben. Unverblümt ist die Sprache und zugleich voller Poesie, eine Sprache, die an die heiligen Bücher der Menschheit erinnert, auch und gerade, wo sie den Schmutz nicht scheut. Den Fängen dieser deftigen Geschichten werden wir uns so schnell nicht entziehen können, auch wenn sie uns zum Widerspruch herausfordern in ihrer fast schon prophetischen Konsequenz. "Du sollst" ist ein Buch, das auf den Nachttisch aller Liebenden gehört.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
"Ziemlich enttäuscht legt Rezensent Andreas Kilb diese Erzählungen beiseite. Denn auch mit seiner dritten belletristischen Veröffentlichung hat es Navid Kermani aus seiner Sicht nicht geschafft, aus dem Stadium des ewigen Talents in die Meisterklasse aufzusteigen. Leider hat dieses Buch Kilb nämlich nur gezeigt, was Kermani gerne können würde, "aber zuwenig darüber, was er kann". Dabei beginnt es mit einer Erzählung über eine paradiesische Hölle für den Rezensenten zunächst durchaus verheißungsvoll. Aber schon die zweite Erzählung läßt bei ihm den Verdacht keimen, dass hier ein Versprechen gegeben wird, dass der Autor und seine Erzählungen nicht einlösen werden: "die Verheißung eines Schreibens über Erotik, das sich vom Erotikgeschreibsel nicht infizieren läßt". Bald nämlich werden Suspense und erotische Spannung von Sätzen zerstört, die Kilb empfindet wie einen "Schluckauf beim Beischlaf". Kermanis Sorglosigkeit, solche (von Kilb reichlich zitierten) Sätze tatsächlich für "druckfähige Prosa" zu halten, irritieren ihn. Am Ende sieht er Kermani auch noch die "Grenze zur Peinlichkeit und zur Pornografie" überschreiten.
© Perlentaucher Medien GmbH"
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