Eine Tochter erzählt von ihrer Mutter. Geboren 1910 in Wien, aufgewachsen im Grenzgebiet zwischen Ungarn und Kroatien, schließlich vor den Nazis über Wien, Paris und Spanien nach London geflohen. Zwischen 1933 und 1945 mit dem legendären britischen Doppelagenten Kim Philby verheiratet - Die erzählende Tochter findet nur "Bruchstücke eines Lebens" und verzichtet darauf, zusammenzusortieren, was die Mutter doch "offensichtlich selbst zersplittert hat". Sie befragt die Männer der Mutter, den Vater, den Geliebten der Pariser Zeit, sie erfindet die Mutter neu, als Legende, "kurz hinter der Wahrheit und dicht neben der Lüge."
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Ein diffiziles, irritierendes Werk hat Thomas Kraft in Barbara Honigmanns "Ein Kapitel aus meinem Leben" vorgefunden. Die Autorin versucht sich an der Beschreibung des Lebens ihrer Mutter, einer Frau, die wusste, wie man lebt - unter anderem in Wien, London, Paris und Berlin - und allen Eindeutigkeiten und Festschreibungen immer aus dem Wege ging, und das mit gutem Grund: denn einer ihrer drei Ehemänner war der Meisterspion Kim Philby. So muss Honigmann ihr ganzes schriftstellerisches Können aufbieten, um die Mutter, diese sich immer Entziehende, zu vergegenwärtigen, sie muss den historischen Kontext beschwören, die Weltgeschichte mit der Privatanekdote verknüpfen und die Andeutung mit dem Manifesten, um daraus das Gewebe ihres Textes zu machen. Auch der Rezension eignet noch etwas vom sich Entziehen der Mutter an, eine gewisse Vagheit, Unheimlichkeit, und hinter all den Hinweisen und Andeutungen, die der Rezensent gibt, spürt man etwas von der Faszination, die von dem Buch auf ihn ausging, von der eigenartigen, halb irrealen, poetischen Kraft, die er in dem Text spürte.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Alltägliche Weltgeschichte: Was für ein aufregendes, kluges, hinreißendes Buch... Barbara Honigmann erzählt von ihrer Mutter. Doch deren Biografie ist so unvergleichlich und von solcher Dynamik, dass sie ganz eigene Perspektiven auf die deutsche Vergangenheit des 20. Jahrhunderts eröffnet. Zudem schreibt sie mit so federnder Leichtigkeit, mit so viel warmherziger Ironie der Mutter und gelassener Distanziertheit der eigenen Person gegenüber, dass dieses Buch nicht nur zu einer intellektuellen Bereicherung, sondern zugleich zu einem großen Lesevergnügen wird... Ein kleines Wunderding: schön, souverän, eindringlich." Uwe Wittstock, Die Welt, 04.09.04 "Ein berührendes und unterhaltsames Porträt einer eigenwilligen Frau, ein vielschichtiges Zeitbild, in dem sich individuelle Widersprüche in den Paradoxien der Zeitgeschichte spiegeln. ... So souverän und zugleich liebevoll muss man die Freiheiten des biografischen Schreibens erst einmal auszureizen wissen." Sibylle Birrer, Neue Zürcher Zeitung, 25./26.09.04 "Barbara Honigmann gibt der Sache, auch den Gefühlen, den einfachsten und manchmal gerade deshalb umso raffinierteren Ausdruck - oft voller Witz und Ironie." Claudia Kühner, Tages-Anzeiger, 21.10.04 "Barbara Honigmanns Buch ist ein sprachliches und erzählerisches Ereignis." Volker Breidecker, Süddeutsche Zeitung, 18./19.12.04







